München, Oktober 1979 Der Sicherheitsbeauftragte der Firma MAN Neue Technologie ruft an und fragt ob ich Zeit habe zur "Anhörung" zu kommen. Ich sage nein ich komme nicht. Er sagt Sie kommen sicher nicht, weil Sie viel Arbeit haben. Nein ich muss erst rauskriegen was das soll. Mein juristischer Berater hat gerade einen Krach mit dem besten (linkslibberalen) Anwalt Münchens. Aber schliesslich lässt er sich breitschlagen einen schnestmöglichen Termin zu besorgen. Die Kollegen sind hell entsetzt: Ich hätte eine Chance gehabt, die Vorwürfe gegen mich auszuräumen und nun geh' ich nicht hin. Der Anwalt Dr. K. hört sich das an, dann erzählt er, dass einer seiner Mandanten während der Probezeit gefeuert wurde mit der Begründung er habe demonstriert. Die Bank hätte ihn losweden können ohne Begründung, aber sie gewann den Prozess um zu demonstrieren, dass es das Demonstrationsrecht nicht gibt für eigene Angestellte. Ein Angestelleter in einer der Geheimbehörden in München, wollte wissen, warum er nicht ein höhere Stufe Sicherheitsstufe bekam: Der hat auch verloren, obwohl die Freigabe der Information der Behörde nicht hätte schaden können. Es ginge darum, endlich die unbequemen demokratischen Rechte loszuwerden. Ich sage, dass ich die Schnauze gestrichen voll habe von der Geschichte und schlage ihm vor, dass er zur Anhörung geht, sich die Fragen aufschreibt und dann eine Antwort schreibt. Er wendet ein, dass da in der Firma die "roten Lichter" angehen. Ich sage, kein Problem: Ist erst der gute Ruf ruiniert, lebt sich's völlig ungeniert: ich bin schon gerufmordet, da braucht man nicht Rücksicht auf solche Überlegungen zu nehmen. Er sagt, er geht trotzdem nicht hin, weil das ganze sowieso juristisch nichts zählt, wenn es weiter gehen sollte. 24.10.79: Der Beamte ist ein netter Mann. Normalerweise rauch' ich nicht, aber ich nehme seine Zigarette an. Wer hat die Reise, die Sie in die DDR gemacht haben, als Sie in Berlin studiert haben, organisiert? Sind Sie aufgefordert worden, der SED beizutreten? Mit wem hatten Sie Kontakt in der DDR? Welche Einstellung zum Regime hatten die Besuchten? Warum haben Sie den Kontakt zu Ihrem Brieffreund in der DDR abgebrochen, nachdem Sie bei der MAN angefangen haben? Die MAN streut die Information, dass von zu vielen, die nicht mit Geheimsachen arbeiten, eine Ermächtigung verlangt wird. Da ich nicht mit gradieten Sachen arbeite, wird sie meinen Ermächtigungsantrag zurückziehen. Am 2.2.1980 kam der Sicherheitsbeauftragte und sagte, als der Beamte sich angemeldet hat, da wusste er schon, dass ich ermächtigt werde. Ich sagte, ich will eine Kopie von der Ermächtigung. Er sagte das bekomme ich nicht. Ich brauche das, um es denen zu zeigen, die gedroht haben, mich zu kündigen wegen Informationen, dass die Ermächtigung scheitern wird. Das was die gemacht haben, hat damit nichts zu tun. Ich dachte nun hab' ich das Unmögliche geschafft: Mich reinzuwaschen. Im Gang habe ich den Vorgesetzten getroffen, der mich meinen Informationen nach am meisten für mich eingesetzt hat: "Das bleibt trotzdem an Ihnen hängen." Aus meiner Sicht erlitt die Bürokratie 2 Niederlagen: Sie hat mich nicht losgeworden können und der Missbrauch des Ermächtigungsinstruments wurde eingeschränkt, da nun alle die nicht mit Geheimsachen zu tun hatten keine Ermächtigung mehr brauchten. (Als Windmühlendynamiker hatte ich nie was mit Geheimsachen zu tun). Nun bräuchten auch die anderen nicht mehr so Angst zu haben. Die Bürokratie feierte ihre 2 Niederlagen als Bestätigung der Richtigkeit ihrer Linie: Meine Entmächtigung zeige ja, dass an den Vorwürfen was dran war. Zudem hatte man ja versucht den Kollegen einzureden, man werde den Ermächtigungsantrag zurückziehen. Trondheim, 24.4.2002 (aus dem Gedächtnis geschrieben: Aber so was vergisst man nicht)