Herrn Walter Keim
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Sehr geehrter Herr Keim,
haben Sie vielen Dank für Ihre Email vom 6. August 2007. Die FDP-Bundestagsfraktion unterstützt die Forderung nach Transparenz. Kaum ein Thema erregt in konsequenter Regelmäßigkeit so die Gemüter der Öffentlichkeit wie die Diskussion über die Politikerbezüge und ihre Nebeneinkommen.
Die Kritik beginnt meist mit dem Vorwurf der Selbstbedienung, da die Abgeordneten selbst über Struktur und Umfang der Bezüge entscheiden. Dabei wird übersehen, dass dies nicht dem Willen der Abgeordneten entspricht, sondern durch das Bundesverfassungsgericht so entschieden ist. Das Abgeordnetengesetz sieht vor, dass sich die Abgeordnetenentschädigung an den Bezügen von obersten Bundesrichtern orientieren soll. Es ist jedoch ein Irrweg, Abgeordnete wie Beamte zu behandeln und ihre Diäten an bestimmte Besoldungsgruppen zu koppeln. Abgeordnete sind keine Richter und keine Beamten und gehören nicht dem öffentlichen Dienst an. Sie sind allein dem Wähler gegenüber verantwortlich.
Wählerinnen und Wähler haben ein berechtigtes Interesse, zu erfahren, für welche Tätigkeiten die Abgeordneten neben der Wahrnehmung ihres Mandats Zeit einsetzen und in welchem Konflikt diese Tätigkeiten möglicherweise mit dem Mandat stehen. Um möglichen Interessenkollisionen entgegenzuwirken, ist ein hinreichendes Maß an Transparenz unabdingbar.
So braucht der Bürger bestimmte grundlegende Informationen über den politischen, beruflichen und persönlichen Hintergrund des Abgeordneten. Abgeordnete stehen zu Recht unter genauer öffentlicher Beobachtung und zu Recht müssen hier besondere Maßstäbe angelegt werden.
Die Verhaltensregeln in ihrer alten Fassung bieten bereits weit gehende Möglichkeiten, um das Fehlverhalten von Abgeordneten angemessen zu erfassen. In keinem Fall blieb das Fehlverhalten eines Abgeordneten in den vergangenen Jahren ohne gravierende Konsequenzen. Zudem muss der Abgeordnete die gegen ihn erhobenen Vorwürfe stets in vollem Umfang vor der Öffentlichkeit rechtfertigen.
Die FDP hält daran fest, dass den Abgeordneten auch weiterhin die Möglichkeit gegeben werden muss, neben der Ausübung des Mandates einer beruflichen Tätigkeit ob als Selbstständige, Freiberufler oder eben auch als abhängig Beschäftigter nachgehen zu können. Viele Abgeordnete scheiden nach nur einer Legislaturperiode aus dem Bundestag aus und müssen dann den Wiedereinstieg in ihren alten Beruf finden. Dies mag bei Angehörigen des öffentlichen Dienstes sowie bei Gewerkschaftsfunktionären mit Rückkehrgarantie unproblematisch sein. Bei Freiberuflern und Angestellten in der freien Wirtschaft ist dies schon schwieriger.
Eine Einschränkung von Nebentätigkeiten führt in der Konsequenz dazu, dass sich immer weniger Freiberufler für eine Kandidatur für den Bundestag entscheiden werden. Für sie ist es daher außerordentlich wichtig, dass sie als Abgeordnete auch während der Ausübung des Mandates ihre Berufsausübung beibehalten können, um nach dem Ausscheiden aus dem Mandat ohne Probleme in ihren alten Beruf zurückkehren zu können. Nur so ist gewährleistet, dass der Bundestag einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung abbildet.
Eine Einschränkung von Nebentätigkeiten würde in der Konsequenz dazu führen, dass sich immer weniger Mittelständler und Freiberufler für eine Kandidatur für den Bundestag entscheiden werden. Es dient aber gerade der politischen Arbeit sehr, wenn Handwerksmeister, Ingenieure und Unternehmer ihre persönliche Erfahrung aus dem laufenden Betrieb unmittelbar in die parlamentarische Diskussion einbringen können.
Für freiberuflich und selbständig tätige Abgeordnete würde zudem ein weiteres Problem entstehen. Durch eine umfangreiche Offenlegung von Einkünften aus unternehmerischer oder freiberuflicher Tätigkeit besteht die unmittelbare Gefahr, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder Verschwiegenheitspflichten verletzt würden. Darüber hinaus würden ihnen erhebliche Wettbewerbsnachteile entstehen. Konkurrenten könnten einseitigen Einblick in die unternehmerische Tätigkeit bekommen. Des Weiteren ist der Schutz der Grundrechte Dritter zu beachten. Ehepartner, Geschäftspartner und Mitgesellschafter der Abgeordneten wären von der Offenlegung mitbetroffen. Auch über sie würden der Öffentlichkeit Informationen mitgeteilt.
In der letzten Wahlperiode hat der Deutsche Bundestag eine Verschärfung der Verhaltensregeln für Abgeordnete beschlossen. Die Änderungen sehen u.a. vor, dass die Nebeneinkünfte von Abgeordneten veröffentlicht werden müssen. Zuvor galt hingegen eine Anzeigepflicht gegenüber dem Bundestagspräsidenten als ausreichend. Die FDP-Bundestagsfraktion sieht in den erweiterten Veröffentlichungspflichten eine Verletzung der Privatsphäre der Abgeordneten und ihrer grundrechtlich geschützten Interessen. Einige Bundestagsabgeordnete haben gegen die Änderung der Verhaltensregeln und der entsprechenden Änderungen des Abgeordnetengesetzes eine Organklage vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht und wurden dabei von der FDP-Bundestagsfraktion unterstützt. Die Antragsteller sehen sich in ihrer verfassungsrechtlich geschützten Freiheit der Ausübung des Abgeordnetenmandats verletzt, da sie durch die umfangreichen Offenlegungspflichten daran gehindert werden, ihren Beruf auch während der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag in gebotenem Umfang auszuüben.
Der Bundestagspräsident hat bekanntgegeben, unabhängig vom Vorliegen einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Angaben der Bundestagsabgeordneten über die Nebentätigkeiten zu veröffentlichen.
Seit Anfang des Jahres gelten zudem strengere Verhaltensregeln für die Nebeneinkünfte eines Mandatsträgers: Die Parlamentarier müssen ihre Nebeneinkünfte nicht nur wie bisher bei Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) melden &ndash veröffentlicht wird darüber hinaus, wer zwischen 1000 bis 3500 Euro/Monat verdient, wer 3500 bis 7000 Euro bekommt &ndash und wer über 7000 Euro.
Ich persönlich hätte auch kein Problem damit, meine zusätzlichen Einkommen &ndash wenn ich welche hätte &ndash zu veröffentlichen. Ich kann aber auch die Position meiner Kollegen aus dem Gebiet der Juristerei verstehen, die in der Offenlegung ihrer Nebeneinkünfte aus ihrer Arbeit als Rechtsanwalt eine Gefährdung des Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandant sehen. Bei Kollegen aus der Industrie und dem Unternehmertum besteht die Gefahr, dass aus der Offenlegung ihrer Einkommen die direkte Konkurrenz Rückschlüsse auf die Lage des Unternehmens ziehen könnte.
Mit freundlichen Grüßen
Miriam Gruß
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