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Der Erfolgreichste im Leben ist der, der am Besten informiert ist. (Benjamin Disraeli)
Frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht. (Präambel der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft)
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Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, den 12. 4. 2007
Bundespräsident
Bundespräsidialamt z. Hd. von Herrn Edgar Fischer
Spreeweg 1
D-10557 Berlin
Ihr Brief vom 3.4.07, Geschäftszeichen Z6-125 20-3-1/06
Betreff: Akteneinsicht: Forderung nach einer
widerspruchsfähigen Entscheidung gemäß IFG bezüglich
Nichtausfertigung des Verbraucherinformationsgesetzes
Sehr geehrter Herr Fischer,
Ich beziehe mich auch auf Ihren Brief vom 3.4.07 angekommen am 10.4.07 in dem Sie mit Hinweis auf Ihr Schreiben vom 9.1.07 mit Bundestagsdrucksache 16/3866 mitteilen, dass Sie mein Einsichtsbegehren als erledigt ansehen.
Meine eingeschriebenen Anträge auf Akteneinsicht vom 2.12.06, 8.1.07 und 8.3.07 erwähnen jedoch den Brief des Bundespräsidenten an die Bundesregierung vom 21.11.06. Am 8.1.07 und 8.3.07 beantragte ich auch Einsicht in die Briefe vom 30.11.06, 4.12.06.
In meinen Briefen vom 2.12.06, 8.1.07 und 8.3.07 habe ich vergeblich versucht Ihnen § 7 (5) des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG, BGBl. I S. 2722) nahe zu bringen. Darin steht, dass die Information dem Antragsteller "unverzüglich zugänglich zu machen. Der Informationszugang soll innerhalb eines Monats erfolgen."
Dabei bedeutet "unverzüglich" nach § 121 BGB "ohne schuldhaftes Zögern". Ich kann nicht sehen, dass zulässige Gründe genannt werden, die schuldhaftes Zögern ausschließen. Die soll-Vorschrift von einem Monat bedeutet eine strikte Bindung an den Regelfall und gestattet Abweichungen nur in atypischen Fällen, in denen nicht von der Behörde selbst zu vertretende Gründe für das Abgeben von der Norm sprechen. Auch hier kann keine Rede davon sein, dass dafür Gründe genannt werden.
Nach § 9.1 (1) IFG hat die Bekanntgabe der ablehnenden Entscheidung innerhalb eines Monats zu erfolgen.
Indirekt lehnt Ihr Brief die Einsicht in die Briefe vom 21.11.06, 30.11.06 und 4.12.06 ab. Gemäß § 1 IFG besteht ein Anspruch auf Zugang, die Verweigerung kann nur durch die Angabe eine oder mehrer Ausnahmen in § 3 bis 6 IFG erfolgen, d. h. die Verweigerung des Zugangs ist die begründungspflichtige Ausnahme.
Ihr Brief enthält keine Verweigerungsgründe und verstößt auch gegen § 9 (2) IFG d. h. die Angabe des Zeitpunktes, wann der Zugang voraussichtlich möglich ist.
Was nun eigentlich Ihr Brief ist ist schwer zu verstehen. Ich fordere daher die Beachtung des IFG, d. h. eine widerspruchsfähige Entscheidung. Da keine Rechtsbelehrung gegen wird wie ich gegenh Ihre Untätigkeit klagen kann behalte ich mir rechtliche Schritte vor, wobei meinem Wissenstand nach eine Frist von einem Monats zu gelten scheint.
Die Informationsfreiheit (einschließlich des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung) ist Teil der Meinungsfreiheit und auch durch international anerkannte Menschenrechte speziell des Artikel 19 des Internationaler Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbürgR, BGBl. 1973 II S. 1534) geschützt.
In ca. 70 Staaten ist der Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung in der Verfassung verankert. Weitere ca. 40 Staaten haben dieses Menschenrecht gesetzlich verankert. Damit ist das Menschenrecht des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung in mehr als die Hälfte der Staaten in der Welt und fast allen Staaten in Europa realisiert, eine allgemeine Regel des Völkerrechts, das gemäß Art. 59 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechts ist.
Auch "Artikel 10 der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EKMR, BGBl. 1952 Teil II S. 685) schützt die Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit. Im Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Fünfte Sektion), Rechtssache Sdruženi Jihoceské Matky gegen Tschechische Republik, Antrag Nr. 19101/03 vom 10. Juli 2006 (Anlage 2) wurde "eine ausdrückliche und unleugbare Anerkennung der Anwendung von Artikel 10 im Falle einer Verweigerung eines Antrags auf Zugang zu öffentlichen oder behördlichen Dokumenten enthält". Auch die Rechtssache GERAGUYN KHORHURD PATGAMAVORAKAN AKUMB v. ARMENIA: Antrag Nr. 11721/04 vom 11. April 2006 bestätigt diese Rechtsprechung.
Der Europarat hat in seiner "Empfehlung Rec(2004)6 über die Verbesserung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe" (Anlage 3) gefordert, den EGMR zu entlasten, indem die Rechtsprechung des EGMR unter Gerichten und Verwaltungen bekannter gemacht und mehr beachtet wird:
I. durch eine stetige Überwachung im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofs sicherzustellen, dass für alle Personen, die in vertretbarer Weise eine Konventionsverletzung geltend machen, innerstaatliche Rechtsbehelfe bestehen und dass diese Rechtsbehelfe insoweit wirksam sind, als sie zu einer Entscheidung über die Begründetheit der Beschwerde und einer angemessenen Abhilfe jeder festgestellten Verletzung führen können.
II. im Anschluss an Urteile des Gerichtshofs, die strukturelle oder allgemeine Defizite im Recht oder in der Praxis des Staates aufzeigen, die Wirksamkeit der bestehenden innerstaatlichen Rechtsbehelfe zu überprüfen und gegebenenfalls wirksame Rechtsbehelfe zu schaffen, um zu vermeiden, dass der Gerichtshof mit wiederkehrenden Rechtssachen befasst wird;
III. besondere Aufmerksamkeit - im Rahmen der Punkte I und II - dem Bestehen wirksamer Rechtsbehelfe im Falle einer vertretbaren Rüge der überlangen Verfahrensdauer von Gerichtsverfahren zu schenken;
Laut Artikel 1 (2) GG sind die "unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten (...) Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft". Artikel 46 der Konvention für Menschenrechte lautet "Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen." Damit ist das Menschenrecht des Zugang zu Informationen der öffentlichen Verwaltung auch in Deutschland juristisch durchsetzbar. Das gilt sowohl für Informationen über Lebensmittel als auch Briefe des Bundespräsidenten.
Mit freundlichen Grüßen
Walter Keim
Kopie: BfDI (Zeichen PGIFG-710/001 II#114), Bundeskanzlerin, Bundestagspräsident, Bundesrat, Bundestagsabgeordnete, Verbraucherkommission, foodwatch, Verbraucherzentrale, Deutscher Presserat, Deutsche Presse, TV Stationen, Kopien auch an 8 Bundesländer ohne Informationsfreiheitsgesetze
Anlage:
Antworten:
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Anlage: Süddeutschland der Schandfleck bezüglich der Informationsfreiheit in Europa. Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün: Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. Access to Information Law = Informationsfreiheitsgesetz.