in English on same subject: http://wkeim.bplaced.net/files/egmr-klage-en.htm
Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, den 21. 8. 2007
Deutscher Bundestag
Petitionsausschuss
Platz der Republik 1
D-10557 Berlin
Kopie: an alle Abgeordneten insbesondere Bundestagsabgeordnete Otto
(FDP), Danckert
(SPD), Wolfgang
Götzer, Siegfried
Kauder, Marco
Wanderwitz, Friederich
Merz (CDU/CSU)
Betreff: Petition
2-16-02-1131-021997: Veröffentlichung von
Nebentätigkeiten gemäß § 44 b (4)
Abgeordnetengesetz (AbgG) in der Form des Urteils BVerfG,
2 BvE 1/06, Art. 19 (4) GG, 20 (3)
GG, Art. 25 GG, Art. 13 EKMR, Art. 5 GG i. Vb.m. IFG, Art. 10
EKMR und Art. 19 IPbürgR
Sehr geehrter Herr Müller,
Bezug nehmend auf meine Petition 2-16-02-1131-021997 vom 5.5.07 möchte ich begründen, warum die am 5.7.07 erfolgte Veröffentlichung nicht den Anforderungen des Abgeordnetengesetzes und BVerfG, 2 BvE 1/06 entspricht.
Ich möchte alle verfassungs- und gesetzestreuen Abgeordneten auffordern, dazu beizutragen, dass das Abgeordnetengesetz und Urteil BVerfG, 2 BvE 1/06 durchgesetzt wird und die falsche Behauptung des Bundestagssprechers Christian Hoose zurückgewiesen wird, der Richterspruch sei überhaupt nicht als bindendes Urteil zu betrachten. Die gilt besonders für die oben angeführten 6 der 9 Kläger, die noch nicht gemäß Recht und Gesetz veröffentlichen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in Verfahren der 9 Bundestagsabgeordneten gegen die Veröffentlichung der Nebentätigkeiten BVerfG, 2 BvE 1/06 am 4.7.2007 für Recht erkannt:
"Die Anträge werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden und zurückgewiesen."
Zur Begründung wird in BVerfG, 2 BvE 1/06 angeführt:
C.
I.
"1. a) Der Status des Abgeordneten wird zuvörderst durch die im Wahlakt liegende Willensbetätigung jedes einzelnen Bürgers als Ursprung der Staatsgewalt in der Demokratie bestimmt (Art. 20 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Art. 38 Abs. 1 GG). Der Akt der Stimmabgabe bei Wahlen erfordert nicht nur Freiheit von Zwang und unzulässigem Druck, sondern auch, dass die Wähler Zugang zu den Informationen haben, die für ihre Entscheidung von Bedeutung sein können. Vielfältige Regelungen des Grundgesetzes (vgl. insbesondere Art. 5 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1 Satz 4, Art. 42 Abs. 1, Art. 44 Abs. 1 Satz 1 GG) sind Ausprägungen des Grundsatzes der Öffentlichkeit politischer Herrschaft. Die parlamentarische Demokratie basiert auf dem Vertrauen des Volkes; Vertrauen ohne Transparenz, die erlaubt, zu verfolgen, was politisch geschieht, ist nicht möglich (BVerfGE 40, 296 <327>)." (Randnummer 271)
1.c) aa) "Interessenverflechtungen und wirtschaftliche Abhängigkeiten der Abgeordneten sind für die Öffentlichkeit offensichtlich von erheblichem Interesse. Diesbezügliche Kenntnis ist nicht nur für die Wahlentscheidung wichtig. Sie sichert auch die Fähigkeit des Deutschen Bundestages und seiner Mitglieder, unabhängig von verdeckter Beeinflussung durch zahlende Interessenten, das Volk als Ganzes zu vertreten, und das Vertrauen der Bürger in diese Fähigkeit, letztlich in die parlamentarische Demokratie. Das Volk hat Anspruch darauf zu wissen, von wem und in welcher Größenordnung - seine Vertreter Geld oder geldwerte Leistungen entgegennehmen." (Randnummer 274)
Auch Artikel 10 der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EKMR, BGBl. 1952 Teil II S. 685) schützt die Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit. Im Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Fünfte Sektion), Rechtssache Sdrueni Jihoceské Matky gegen Tschechische Republik, Antrag Nr. 19101/03 vom 10. Juli 2006 wurde "eine ausdrückliche und unleugbare Anerkennung der Anwendung von Artikel 10 im Falle einer Verweigerung eines Antrags auf Zugang zu öffentlichen oder behördlichen Dokumenten enthält" (Anlage 10). Auch die Rechtssache GERAGUYN KHORHURD PATGAMAVORAKAN AKUMB v. ARMENIA: Antrag Nr. 11721/04 vom 11. April 2006 bestätigt diese Rechtsprechung (Anlage 11). Dabei wird auf die Ausführungen der Klage vom 1.6.07 Bezug genommen.
Das Menschenrecht des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung ist zusätzlich weltweit in mehr als 70 Staaten gesetzlich verankert, in ca. 30 Staaten nur verfassungsrecht festgeschrieben ein Menschenrecht des Zivilpaktes das gemäß Art. 59 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechtes ist.
Die eigenmächtige Aussetzung des Vollzugs der am 18.10.05 in Kraft gesetzten Richtlinien wäre nur rechtmäßig gewesen, wenn das Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Anordnung erlassen hätte. Das aber war nicht erfolgt und von den Klägern auch gar nicht beantragt.
Dabei wurden auch Informationen zurückgehalten, die schon vor der Beschwerde der Abgeordneten zugänglich waren und damit nicht beim Bundesverfassungsgericht umstritten waren. Obwohl der Bundestagspräsident am 10.3.07 (Anlage 2), 19.4.07 (Anlage 4) und der Klage vom 1.6.07 aufgefordert wurde diesen Gesetzesbruch einzustellen, hat der Bundestagspräsident am 15.05.07 (Anlage 1) und 12.04.07 (Anlage 3) begründungslos diesen Gesetzesbruch weitergeführt. Offensichtlich braucht der Bundestagspräsident Hilfe um auf den Boden des Grundgesetzes (Bindung an Gesetz und Recht Art. 20 (3) GG) zurückzufinden.
Sowohl das Verfassungsgericht ("Das Volk hat Anspruch darauf zu wissen, von wem und in welcher Größenordnung - seine Vertreter Geld oder geldwerte Leistungen entgegennehmen.") als auch das Volk (90% der Bürger/innen für eine Veröffentlichung der Nebeneinkünfte: Dokumentation Anlage 8 der Klage) und der Ansturm von Bürgern auf die Internetveröffentlichung (Der Spiegel Nr. 28 Seite 44) beweisen öffentliches Interesse, das am 15.05.07 (Anlage 1) und 12.04.07 (Anlage 3) verneint wird und damit fälschlicherweise zu einer Forderung vom EURO 30.- Gebühren führte.
Die Veröffentlichung der Nebeneinkünfte am 5.7.07 der Kläger MdB Peter Dankert (Anlage 12) , MdB Hans-Joachim Otto (Anlage 13), MdB Siegfried Kauder (Anlage 15), Friedrich Merz (Anlage 14) und Dr. Wolfgang Götzer (Anlage 18) verletzen § 44 b (4) (AbgG). Dankert will Einnahmen ordnungsgemäß gemeldet haben, ein Sprecher des Bundestages wies das zurück. Hans-Joachim Otto will zusätzlich eine Erklärung veröffentlichen, die Lammerts Leute nicht akzeptieren. (Der Spiegel Nr. 28 Seite 42 bis 44)
Merz und Kauder hatten ihre unzutreffende Auffassung, dass sie keine Einkünfte angeben müssen bereits dem Verfassungsgericht vorgetragen und sich dabei auf eine - allerdings wachsweiche - parlamentsinterne Stellungnahme vom 2. März 2007 berufen (Anlage 17). Das Gericht hat diese Auffassung aber in seinem Urteil vom 4. Juli ausdrücklich zurückgewiesen:
"Soweit der Antragsteller [gemeint sind die Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht] geltend machen, die Anzeigepflichten könnten insbesondere unter Nutzung gesellschaftsrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten umgangen werden", gehen sie von einer unrichtigen Auslegung der Vorschriften aus: "Derartige Umgehungen" sind mit einer "am Gesetzeszweck orientierten Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Regelungen" nicht vereinbar. Deshalb umfasst die Anzeigepflicht "auch Mittelzuflüsse auf dem Weg über die Ausschüttung von Gesellschaftsgewinnen, die der Abgeordnete durch eine anzeigepflichtige Tätigkeit mit erwirtschaftet hat. Im Hinblick auf den Regelungszweck macht es keinen Unterschied, ob der Abgeordnete für seine Tätigkeit unmittelbar honoriert wird oder von seiner Tätigkeit (mittelbar) als Gesellschafter profitiert. Bei zutreffendem Verständnis" sind "daher nur solche Einkünfte aus Gesellschaftsbeteiligungen" von der Anzeige- und Veröffentlichungspflicht "befreit", die nicht auf eine anzeige- und veröffentlichungspflichtige Tätigkeit zurückzuführen sind. "Verbleibende Abgrenzungsfragen sind im Verwaltungsrechtsweg zu klären." (Randnummer 309 des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 4. Juli 2007)
Friedrich Merz gibt für Einkünfte von der AXA Versicherung AG, Köln (geschätzt 62.000 Euro), BASF Antwerpen N.V (mehr als 7000 Euro), Commerzbank AG, Frankfurt/Main (mehr als 7000 Euro), DBV-Winterthur Holding AG (geschätzt 18.000 bis 40.000 Euro), Wiesbaden, Deutsche Börse AG (100.000 Euro), Frankfurt/Main, Interseroh AG, Köln (10.000 Euro), IVG Immobilien AG, Bonn (34.027,40 Euro), Stadler Rail AG, Bussnang/Schweiz (geschätzte 25.000 Euro) die jährliche Stufe 3 an, d. h. zusammen mehr als 56 000.- EURO. Nach Recherchen des Spiegel vom 11.7.07 (oben in Klammern angeführt) sind das in Wirklichkeit mehr als eine Viertelmillion EURO. Damit sind Einkünfte aus der Abgeordententätigkeit vom 7000.-Euro eine unbedeutende Nebeneinnahme für MdB Merz. (Handelsblatt, 9.7.07: "Friedrich Merz, der vor dem Verfassungsgericht ausdrücklich erklärt hatte, der Anwaltsberuf nehme etwas über die Hälfte seiner Arbeitszeit in Anspruch.") Trotzdem bestätigt der Bundestagspräsident, dass "die Mandatsausübung im Mittelpunkt seiner Tätigkeit" steht.
Für seine Tätigkeit in der Anwaltskanzlei dürfte Merz jährlich außerdem eine sechsstellige Summe einstreichen - allerdings veröffentlicht er das nicht. In der Urteilsbegründung bestimmt das Verfassungsgerichts, dass die Verhaltensregeln für Bundestagsmitglieder darauf abzielten, grundsätzlich jeden wirtschaftlichen Vorteil aus Nebentätigkeiten anzeigepflichtig zu machen, wenn die vorgesehenen Einkommensgrenzen überschritten würden. Ob der Abgeordnete unmittelbar honoriert wird oder als Gesellschafter von den Gewinnen profitiert, spielt demnach keine Rolle. Das Bundestagspräsidium sieht dies allerdings anders: Die Veröffentlichungspflicht von Gesellschaftsbeteiligungen sei gar keine Frage des Verfassungsrechts, sondern eine Frage des Verwaltungsrechts, sagt der Sprecher von Bundestagspräsident Norbert Lammert, Guido Heinen. Der Bundestagssprecher Christian Hoose erklärt gar, der Richterspruch sei überhaupt nicht als bindendes Urteil zu betrachten. Staatsrechtler Battis, der den Bundestag beim Bundesverfassungsgericht vertrat: "Es ist klar, dass das bindend ist". Zu den Zweifeln an der Verbindlichkeit des Urteils sagt Staatsrechtler Battis: "Das ist einfach Unsinn." (Anlage 16)
Der offene Gesetzesbruch vom 10.3.06 bis zum 5.7.07 wird also teilweise fortgesetzt und umfasst nun auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4.7.07: siehe "Über dem Gesetz - die politische Klasse" (Anlage I) und "Rechtsbrecher im Reichstag" von Hans-Martin Tillack | 21. Mai 2007 13:13 Uhr (Anlage J)
Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung (FDGO) im Sinne des § 4 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVerfSchG) zählen:
2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die
Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht
Die FDGO wurde vom Bundesverfassungsgericht wie folgt präzisiert:
Freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Art. 21 II GG ist eine Ordnung, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.
BVerfGE 2, 1, 12
Um die oben angeführten Falschberichter bei Nebentäigkeiten (alles Rechtsanwälte) und den das duldende Bundestagspräsident auf den Boden der FDGO zu bringen ist eine Verurteilung notwendig.
Die Welt berichtet am 12.03.06:"Volk ohne Vertrauen": "Vier von fünf Deutschen haben das Vertrauen in die Politik verloren". (Dokumentation Anlage 7 der Klage). Der "offene Rechtsbruch" (Dokumentation Anlage 6 der Klage) der Nichtveröffentlichung verstärkte Misstrauen. Zur Begründung wird hier auf die Klage vom 1.6.07 Bezug genommen. Laut stern-Artikel aus Heft 42/2006 Forsa-Umfrage: 90% der Bürger/innen für eine Veröffentlichung der Nebeneinkünfte. (Dokumentation Anlage 8 der Klage). Transparenz der Abgeordneten Nebeneinkünfte schafft Vertrauen. Die Unterlassung der Fortsetzung des Rechtsverstoßes der Nichtveröffentlichung der Nebentätigkeiten war deshalb auch als vertrauensbildende Maßnahme angezeigt. Auch die Korrektur der nun veröffentlichten Falschangeben ist notwendig.
Die gegenwärtige Veröffentlichung der Nebeneinkünfte in Stufe 3 (7000 EURO oder mehr), trägt dem Anspruch in welcher Größenordnung Geld entgegengenommen wird (siehe BVerfG, 2 BvE 1/06 Randnummer 274) noch nicht Rechnung. Beispielsweise wird ein Nebeneinkommen vom 49000.- EURO also 7 mal so viel unter Stufe 3 versteckt aufgeführt.
Dies muss auch im Zusammenhang mit den Regeln über Abgeordnetenbestechung gesehen werden. Über 90 Staaten haben die UN Konvention gegen Korruption ratifiziert. Da Abgeordnetenbestechung in Deutschland praktisch straffrei ist konnte Deutschland diese Konvention bisher nicht ratifizieren (Anlage I, 28.05.07: SPIEGEL online: DIÄTEN-ERHÖHUNG: Über dem Gesetz - die politische Klasse).
Um die Einhaltung demokratischen Spielregeln zu fördern, dem Bundestagspräsidenten zu helfen verfassungsgemäß und auf den Boden der FDGO zu handeln und Verantwortung gegenüber der Information für die Machtausübung des Souverän der Demokratie in Wahlen (Art 20 (2) GG. "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.") zu stärken wird diese Petition aufrechterhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Walter Keim
Anlagen:
Im Internet publiziert:
Antworten:
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