Sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender
Schmid, sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender Hacker,
Im Interview mit Telepolis sagt die Anwältin von Gustl Mollath: "Mollath
wurde in einem Maße, wie es kaum zu beschreiben ist, Unrecht zugefügt" (
http://www.heise.de/tp/artikel/38/38632/1.html
).
In Bayern wurden alle mit Mollath befassten Richter angestellt, befördert
und unterliegen der Dienstaufsicht des Justizministeriums. Staatsanwälte
unterliegen den Weisungen des Justizministeriums.
Wer glaubte, die bayerische Justiz könnte im Zusammenhang mit dem Fall
Mollath nicht noch tiefer sinken, sieht sich nun eines Besseren belehrt.
Die Staatsanwaltschaft Augsburg teilte heute mit, dass sie nach Prüfung
der von Mollaths Rechtsanwalt Gerhard Strate Anfang Januar 2013
eingereichten Strafanzeige gegen den Richter am Amtsgericht Armin Eberl
und den psychiatrischen Gutachter Klaus Leipziger “keine zureichenden
tatsächlichen Anhaltspunkte für verfolgbare Straftaten der angezeigten
Personen” sehe.
Die Staatsanwaltschaft argumentiert, die Unterbringung Mollaths zur
Beobachtung nach § 81 StPO – sowohl was ihre Anordnung als auch ihre
Durchführung betrifft – erreiche nicht nur die Strafbarkeitsschwelle
nicht, sondern sie sei sogar rechtmäßig gewesen.
Damit verabschiedet sich Bayerns Justiz vom Geltungsbereich der
Rechtsprechung des Verfassungsgerichts über die Verhältnismäßigkeit einer
Unterbringung nach § 81 StPO, in dem der Angeklagte die Zusammenarbeit mit
dem psychiatrischen Sachverständigen verweigert (siehe BVerfG, 2 BvR
1523/01 vom 9.10.2001).
Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat ihren Ermittlungsauftrag vom
Bayerischen Staatsministerium der Justiz erhalten. Auch die jetzt
ergangene Verfügung der Staatsanwaltschaft Augsburg wird mit dem
Bayerischen Staatsministerium der Justiz abgestimmt und von ihr gebilligt
worden sein. (
http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Presseerklaerung-2013-02-27.pdf
)
Der informierte Zeitungsleser muss sich über Generalstaatsanwalt Nerlich
und Präsident des Landesamts für Steuern Roland Jüptner und andere wundern
wie sie in den Anhörungen im Landtag mit Tatsachen umgehen. Volksvertreter
fordern, dass Sizungen des Landtags keine Märchenstunden sein sollten.
Generalstaatsanwalt Nerlich sollte wegen Besorgnis der Befangenheit nicht
mit der Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Mollath befasst sein.
Werden Sie es fördern, dass Staatsanwälte, das Finanzwesen und
Justizministerium zu den Tatasachen und zur Wahrheit zurückkehren und dass
Bayern zurück in den Geltungsbereich des Verfassungsgerichts findet?
Mit freundlichen Grüßen
Walter Keim