Frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht.
Präambel der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft


Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, 15. 2. 2013

An Herrn
Eckart von Klaeden
Staatsminister bei der Bundeskanzlerin
Willy-Brandt-Straße 1 
D-10557 Berlin

Betreff: Kanzlerrichtlinie: Open Government Partnership beitreten

Sehr geehrter Herr Staatsminister von Klaeden,

Der Open Government Online Konsultation wurde der Vorschlag unterbreitet, dass  Deutschland der Open Government Partnership beitreten (1) und den "Zugang zu amtlichen Informationen verbessern" sollte. Dies wurde abgelehnt, da es nicht im Ermessen des IT-Planungsrates „Förderung des Open Government“ sei, mit Hinweis auf dessen Mandat (2)

Um so mehr begrüße ich es, dass Sie Interesse am Beitritt Deutschlands zur Open Government Partnership (OGP) haben (3), das u. a. Transparenz und Open Data umfasst. Dabei könne offenes Regierungshandeln und Einbindung der Zivilgesellschaft Rechtsetzungsverfahren transparenter gestalten.

Das Innenministerium befürchtet allerdings, dass die Ablehnung einer deutschen Mitgliedschaft bei der Open Government Partnership "nicht dauerhaft beibehalten werden kann ohne eine (vor allem zivilgesellschaftlichen) Unterstützung für die laufenden Aktivitäten zu verlieren". Da "OPG eine nachhaltige Umsetzung anstrebt (...) sollte eine Beitrittserklärung (...) durch Frau Bundeskanzlerin formuliert werden."  Diese Strategie sichert "den Querschnittschnittscharakter und notwendigen Paradigmenwechsel". (4 )

In einer gemeinsamen Erklärung begründen Vertreter der deutschen Open-Data-Community, warum die Plattform govdata.de in der jetzt vorgesehen Form nicht akzeptabel ist. Die Rechtemodelle für das Portal und die bisherigen Einblicke in die Plattform zeigen einen Ansatz, der weder offen im Sinne der weltweit anerkannten Standards ist noch zeitgemäß oder effektiv im Hinblick auf Umsetzung, Usability und Sicherheit (not-your-govdata.de).

Im sozialen Netz entstehen Plattformen, in denen die Nutzer sich einbringen. Es vollzieht sich ein Wandel vom passiven Konsumenten zum aktiv Beitragenden. "(W)ir (sind) an der Schwelle zu einem neuerlichen Entwicklungssprung in der Verwaltung – getrieben durch Veränderungen, die für die Bürger und Unternehmen längst normal sind. Diese Veränderungsbewegung nennt man Offene Verwaltung oder Open Government" (6, 7). Der Beitritt zur OGP durch Kanzlerrichtlinie (BMI, 14.3.2012, O1-131 006-4/1) kann der Verwaltung den Anschluss ermöglichen.

Im Herbst ist Bundestagswahl. Was ist da besser als "Open Data – Open Government" zu fördern was 88 % der Wähler wollen? (5)

Damit würde auch die zivilgesellschaftliche Unterstützung zurückgewonnen.

Die Bundeskanzlerin bestimmt die Richtlinien der Politik.

Aus internationaler Perspektive gesehen schöpft eine Kanzlerrichtlinie über den Beitritt zur Open Government Partnership folgendes Verbesserungspotential aus:

  1. 88 Staaten mit ca. 5,5 Milliarden [Quelle A, B] d. h. 78 % der Bürger auf der Welt haben ein besseres Informationsfreiheitsgesetz als deutsche Bürger im Bund (http://www.rti-rating.org/country-data/). Dabei werden internationale Standards zugrunde gelegt. Nur Liechtenstein, Österreich, Griechenland und Tadschikistan haben schlechtere Informationsfreiheitsgesetze.
  2. Mehr als 115 Staaten (https://www.rti-rating.org/country-data/) mit mehr als 5,9 Milliarden Einwohnern, d. h. 84% der Weltbevölkerung haben entweder Informationsfreiheitsgesetze oder entsprechende Verfassungsbestimmungen. In 5 Bundesländern d. h. der Hälfte der Bevölkerung in Deutschland fehlen generelle (über Verbraucherinformation und Umweltinformation hinausgehende) Informationsfreiheitsgesetze.
  3. Die UN Konvention gegen Korruption ist zwar in mehr als 165 Staaten (Stand 24.12.2012) mit mehr als 6,5 Milliarden Einwohnern ratifiziert, nicht aber von Deutschland.
  4. Der Bundestag verweigerte sich dem Vorschlag der Staatengruppe gegen Korruption GRECO des Europarates das Strafrechtsübereinkommen über Korruption SEV-Nr. : 173 und Zusatzprotokoll zu ratifizieren und die Transparenz der Parteienfinanzierung in Deutschland mit Hinweis auf Recommendation Rec(2003)4 zu verbessern. In ihrer Antwort weist die Schwarz-Gelbe Bundesregierung die europäischen Forderungen nach mehr Transparenz zurück [Quelle C]. Wegen ungenügendem Fortschritt leitete GRECO im Herbst 2012 die zweite Stufe des „Non-Compliance-Verfahrens“ gegen Deutschland ein.
  5. Deutschland ist das einzige Land in Europa, das weder die UN Konvention noch das Strafrechtsübereinkommen gegen Korruption ratifiziert hat [Quelle D].

Die OSZE hat im April 2012 in ihren Kommentaren zum Entwurf eines Transparenz- und Informationszugangsgesetzes in Spanien den Menschenrechtscharakter des Informationszugangs dokumentiert, mit Hinweis auf OSZE, Zivilpakt und EGMR. (siehe Quelle E: "International documents (...) state that access to information is a fundamental human right and an essential condition for all democratic societies.").

Die nachhaltige Umsetzung von Open Government Partnership wird das internationale Ansehen Deutschlands verbessern (8).

88 % der Wähler sind in Umfragen für Open Data und Open Government. Bei der Korruptionsbekämpfung wird "dringenden Handlungsbedarf" gesehen. Bisher misstrauen 80 % der Wähler misstrauen Politikern. Das Vertrauen in die Politik wird dadurch zurück gewonnen.

Sowohl die Bundeskanzlerin, der Bundesinnenminister und der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU wurden über Abgeordtenewatch aufgefordert eine Kanzlerrichtlinie zum Beitritt Deutschlands zur Open Government Partnership zu unterstützen (9).

Auf  GovData.de steht: "Anregungen können Sie sich gerne per E-Mail an das Projektteam im BMI wenden." Deshalb sende ich eine Kopie an GovData.de

Mit freundlichen Grüßen

Walter Keim
Netzen: http://walter.keim.googlepages.com

Kopie: GovData Projektteam im BMI, Bundestagsfraktionen, Bundesinnenminister, Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU

Referenzen:

  1. Deutschland sollte dem Open Government Partnership beitreten: http://e-konsultation.de/opengov/inhalt/die-impulse-und-aktivitaeten-auf-europaeischer-sowie-internationaler-ebene?tendency=All&order=agreements#node-10599
  2. IT-Planungsrates lehnt OPG Beitritt ab, mit Hinweis auf dessen Mandat: http://e-konsultation.de/opengov/text/2/impulse-und-aktivitaeten-auf-internationaler-ebene-werden-beruecksichtigt
  3. BMI, (12.1.2012): O1-131 006-4/7: http://wkeim.bplaced.net/files/ogp120112bmi.pdf
  4. BMI (12.3.2012): O1-131 006-4/1 Seite 4: http://wkeim.bplaced.net/files/ogp120314bmi.pdf
  5. Studie zu Open Data – Open Government in Deutschland: http://opendata-network.org/2010/09/studie-wuenschen-buerger-mehr-transparenz/ 
  6. Anke Domscheit-Berg (12.10.2010): Einmaleins des Government 2.0 - http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/einmaleins-des-government-2-0
  7. Anke Domscheit-Berg im Österreichischen Parlament (12.10.2011): Internet und Demokratie –  http://www.gov20.de/internet-demokratie-rede-domscheit-berg/
  8. Die Rolle internationaler Gesetzgeber und ihr Einfluss auf die nationale Gesetzgebung über Informationszugang: http://wkeim.bplaced.net/files/informationszugang-ostsee.html
  9. Abgeordnetenwach: Kanzlerrichtlinie über Beitritt zur Open Government Partnership? Unterstützt der Staatsminister im Bundeskanzleramt und der Bundesinnenminister und der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU das?

Quellen:

  1. Access to Information Laws: http://right2info.org/access-to-information-laws
  2. FOI Laws: Counts Vary Depending on Definitions: http://www.freedominfo.org/2011/10/foi-laws-counts-vary-slightly-depending-on-definitions/
  3. Schwarz-Gelbe Bundesregierung die europäischen Forderungen nach mehr Transparenz zurück: http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2012/07/schwarz-gelb-weist-europaische-forderungen-nach-mehr-transparenz-zuruck/ 
  4. GRECO (Staatengruppe gegen Korruption): http://www.lobbypedia.de/index.php/GRECO
  5. OSZE, April 2012: COMMENTS ON THE DRAFT LAW ON TRANSPARENCY, ACCESS TO INFORMATION AND GOOD GOVERNANCE OF SPAIN: http://www.osce.org/fom/89577

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