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Der "Extremistenbeschluss" (Radikalenerlass), 28.1.1972

Die Regierungschefs der Länder haben in einer Besprechung mit dem Bundeskanzler am 28.1.1972 auf Vorschlag der Ständigen Konferenz der Innenminister der Länder die folgenden Grundsätze beschlossen:

  1. Nach den Beamtengesetzen in Bund und Ländern
     
    • darf in das Beamtenverhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt,
       
    • sind Beamte verpflichtet, sich aktiv innerhalb und außerhalb des Dienstes für die Erhaltung dieser Grundordnung einzusetzen. Es handelt sich hierbei um zwingende Vorschriften.
       
  2. Jeder Einzelfall muß für sich geprüft und entschieden werden. Von folgenden Grundsätzen ist dabei auszugehen:
     
    1. Bewerber
       
      1. Ein Bewerber, der verfassungsfeindliche Aktivitäten entwickelt, wird nicht in den öffentlichen Dienst eingestellt.
         
      2. Gehört ein Beamter einer Organisation an, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, so begründet diese Mitgliedschaft Zweifel daran, ob er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten wird. Diese Zweifel rechtfertigen in der Regel eine Ablehnung des Einstellungsantrages.
    2. Beamte
      Erfüllt ein Beamter durch Handlungen oder wegen seiner Mitgliedschaft in einer Organisation verfassungsfeindlicher Zielsetzung die Anforderungen des § 35 Beamtenrechtsrahmengesetz nicht, aufgrund derer er verpflichtet ist, sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des GG zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten, so hat der Dienstherr aufgrund des jeweils ermittelten Sachverhaltes die gebotenen Konsequenzen zu ziehen und insbesondere zu prüfen, ob die Entfernung des Beamten aus dem Dienst anzustreben ist.
       
  3. Für Arbeiter und Angestellte im öffentlichen Dienst gelten entsprechend den jeweiligen tarifvertraglichen Bestimmungen dieselben Grundsätze.


Quelle: Ministerialblatt Nordrhein-Westfalen 1972, S. 342

 

Links mit neueren Fällen (auch aus dem Jahr 2004):

 

PS: Die Formulierung "die Gewähr dafür bieten, sich jederzeit für ..." einzutreten, stammt aus § 4 des "Gesetz(es) zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 23. Juni 1933, beschlossen von Adolf Hitlers Reichsregierung (Reichsgesetzblatt 1933 I, S. 175-177, 389), aufgrund des Ermächtigungsgesetzes (Reichsgesetzblatt 1933 I, S. 141). Zwar forderte Hitler für den "nationalen Staat" einzutreten, aber das im Europa einmalige Prinzip, dass der Bürger Zweifel ausräumen soll blieb.

Das Grundsatzurteil vom 22. Mai 1975, Az: 2 BvL 13/73 des Bundesverfassungsgerichts zum Radikalenerlass, stammt aus der Feder Willi Geigers, damals Berichterstatter und Bundesverfassungsrichter. Die Grundzüge des Urteils finden sich bereits in seiner Dissertation aus dem Jahre 1941 über die „Rechtsstellung des Schriftleiters“. In dieser Arbeit diskutierte Geiger 1941 die besten Möglichkeiten, Marxisten und andere „Schädlinge an Volk und Heimat“ aus den Medien fernzuhalten. Den Doktortitel, den sich Geiger mit dieser Hetzschrift erwarb, setzte er 1975 auch unter sein Urteil zum Thema Berufsverbote.


 

Regierungspräsidium Karlsruhe, 12.05.05

(...)

Der Dienstherr ist nicht verpflichtet, nachzuweisen, dass der Kläger nicht verfassungstreu ist; für ein Fehlen der Gewähr der Verfassungstreue genügen bereits begründete Zweifel. Es besteht keine Vermutung der Verfassungstreue bis zum Beweis des Gegenteils (BverwG, ZBR 1980, 89). (...)

(...)

Brandner

Ltd. Regierungsdirektor

 

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