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Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, 21.5.2008
Sächsischer Landtag
Bernhard-von-Lindenau-Platz 1
D-01067 Dresden
Kopie: Petition Pet
2-16-08-20180-039082 beim Bundestag
Betreff: Petition Zeichen 04/03429/5: Vorschläge des Menschenrechtskommissars umsetzen. Wann wendet sich Sachen von der durch Führererlass eingeführten Dienstaufsicht für Richter durch Exekutive ab?
Sehr geehrte Damen und Herren,
Die Petition Zeichen 04/03429/5 Vorschläge des Menschenrechtskommissars umsetzen, öffentlich Bedienstete in Menschenrechten schulen, Judikative unabhängig machen und dem Gesetz unterwerfen wurde am 28.04.08 im Wesentlichen so beantwortet:
Damit werden sowohl die Vorschläge des Menschenrechtsbeauftragten des Europarates abgelehnt, als auch die Verwirklichung der unabhängigen, dem Gesetz unterworfenen Justiz. Bisher werden in Sachsen die Richter von der Exekutive ausgewählt, angestellt und befördert, sowie der Dienstaufsicht der Exekutive unterstellt.
Weltweit kommt die Verwaltungstransparenz bisher in mehr als 75 Staaten mit mehr als ca. 3,5 Milliarden Menschen in Europa, (Nord- und Mittel-)Amerika, Australien, und Asien (Japan, Indien, Indonesien, China) zugute. In Europa fehlen Informationsfreiheitsgesetze im Wesentlichen nur in Weißrussland, Russland und Sachsen.
Das Prinzip der Gewaltentrennung wird als elementarer Bestandteil und Voraussetzung jeder Demokratie betrachtet.
Ende neunzehnten Jahrhunderts sagte der preußischer Justizminister Gerhard Adolf Leonhardt, dass Richter ruhig unabhängig sein können, solange er über deren Einstellung und Beförderung entscheiden könne (vgl. Hülle, DRiZ 1976, 18 f. sowie die Hinweise in DRiZ 1975, 341 f.). Das ist bis heute im Wesentlichen so geblieben.
Damals waren Richter der Verwaltungsgerichte, wie auch die Rechnungshöfe keiner Dienstaufsicht der Regierung unterworfen: Wie hätten sie eben die Regierung kontrollieren sollen?
Während der sächsische König noch die Freiheit von Dienstaufsicht bei Verwaltungsgericht respektierte, war das beim Umbau Deutschlands zum diktatorischen Führerstaat im Wege, d. h. § 7 Abs. 1 der Ersten Durchführungsverordnung vom 29.04.1941 zum Führer-Erlaß über die Errichtung des Reichsverwaltungsgerichtes (RGBl I S. 201: Erste DV = RGBl I S. 224) wurde erlassen. Von da an übte der Reichsminister des Innern die oberste Dienstaufsicht aus...." Zwar hat die SPD Fraktion dankenswerterweise einen Antrag (Drucksache 2/3969) im Sinne des Europäischen Raums der Freiheit vorgeschlagen, wurde aber von der CDU Mehrheit niedergestimmt (Anlage 32: 48. Sitzung 12 Dezember 1996), die dem vom Führererlass ausgehenden Gedanken der Dienstaufsicht durch das Justizministerium folgte (Anlage L). Zusätzlich werden Richter vom Justizministerium angestellt und befördert.
Allerdings war Hitler die Regelung des Kaiserreiches ohne Dienstaufsicht beim Umbau Deutschlands zum diktatorischen Führerstaat im Wege. So waren die Richter des Preußischen Oberverwaltungsgerichtes von dessen Gründung im Jahre 1875 an von jeder Dienstaufsicht durch die Exekutive frei. Gleiches galt für das Sächsische Oberverwaltungsgericht. Sie verloren diese Freiheit durch § 7 Abs. 1 der Ersten Durchführungsverordnung vom 29.04.1941 zum Führer-Erlass über die Errichtung des Reichsverwaltungsgerichtes (RGBl I S. 201: Erste DV = RGBl I S. 224). Von da an übte der Reichsminister des Innern die oberste Dienstaufsicht aus.
Die im Jahre 1877 (Reichsjustizgesetze) strukturell eingerichtete Vormundschaft der Exekutive über die in Angelegenheiten der Justiz sprachlos gehaltenen Richterinnen und Richter ist im heutigen (West- und Mittel-) Europa eine deutsche Besonderheit. Man hat ihr einen neuen Namen gegeben: "Gewaltenverschränkung". In Deutschland wurden aber keine drei Staatsgewalten miteinander "verschränkt"; es hätte sie erst einmal geben müssen. Die deutsche Justiz war im kaiserlichen Obrigkeitsstaat ein Teil des Geschäftsbereichs der Regierung und sie ist es geblieben. Nach 1918 wie vor 1918. Nach 1945 wie vor 1945. Nach 1949 (trotz Art.97 GG) wie vor 1949. Bis zum heutigen Tage.
Ein Bürger, der vor dem Verwaltungsgericht einen Rechtsstreit gegen die Regierung führt trifft in Sachsen auf einen Richter, der von der Regierung ausgewählt, angestellt, befördert und der Dienstaufsicht unterliegt. Diese Abhängigkeit widerspricht das "Richter anabhängig (sind) und nur dem Gesetz unterworfen" (Art. 97 (1) GG ), Art. 6 der EKMR und der Praxis in fast allen anderen Staaten der EU.
Die Rechtsaufsicht sieht dann so aus, dass der objektiv von der Exekutive abhängige Richter immer dann als "unabhängig" bezeichnet wird, wenn es gilt die Bindung an das Gesetz (Bürgerrechte) aufzuheben (Art.97 GG). Die Exekutive greift dann nicht ein (Anlage L). Allerdings bekommen Richter Schwierigkeiten mit der Obrigkeit, falls sie die Gesetze zugunsten von Bürgern auslegen.
Das Resultat dieser völlig von der Verwaltung abhängigen Richter wurden aufgrund von mehr als 1000 Zuschriften von verzweifelten Anwälten an die Zeitschrift für anwaltliche Praxis (ZAP) so beschrieben:
"Es gibt in der deutschen Justiz zu viele machtbesessene, besserwissende und leider auch unfähige Richter, denen beizukommen offenbar ausgeschlossen ist." (Dr. Egon Schneider, ehem. Richter am OLG, in ZAP 6/1999).
Auch die "Bamberger Erklärung" vom 21. Oktober 2007 verabschiedet im Rahmen des internationalen Symposiums "Deutsche Jugendämter und Europäische Menschenrechtskonvention" unter der Leitung : Annelise Oeschger, Präsidentin der Konferenz der Internationalen Nichtregierungs-Organisationen des Europarates (Anlage H: http://presseblog.blogger.de/stories/983762) stellt fest:
"Im Rahmen des Kinder- und Jugendschutzes in Deutschland, namentlich von Seiten der Jugendämter, kommt es zu Verletzungen der Menschenrechte, insbesondere der von Art. 3 (Verbot der Folter), Art. 6 (Recht auf ein faires Verfahren vor unabhängigen Gerichten), Art. 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens), Art. 13 (Recht auf wirksame Beschwerde) und Art. 14 (Diskriminierungsverbot) der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte".
Die Präsidentin der NGO`s des Europarates sendete die Bamberger Erklärung an Marcin Libicki, Vorsitzender des Petitionsausschusses des Europäischen Parlamentes und an Thomas Hammarberg Kommissar für Menschenrechte des Europarates. (Anlage J: http://deutsche-jugendamt.blogspot.com/2007/11/bamberg-declaration-send-to-eu-and-coe.html)
Da dies, wie die Antwort des Landtages von Sachsen dokumentiert, total ignoriert wird, wenden sich Betroffene an das Europäische Parlament. Dort sind schon mehr als 250 Petitionen anhängig.
Der Vorsitzende des Petitionsausschusses des Europäischen Parlamentes hat an die Familienministerin der Bundesrepublik Deutschland Frau Ursula von der Leyen einen Brief geschrieben (Anlage 2).
Im Europaparlament wird eine Entschließung diskutiert (Anlage 3), die Deutschland verurteilt.
Wann beschäftigt sich das Parlament in Sachsen mit den Vorschlägen des Menschenrechtsbeauftragten des Europarates (Anlage A)? Wann werden Familienrechtliche Probleme ernst genommen (Anlage K)? Wann wendet sich Sachsen von der durch Führererlass eingeführten Dienstaufsicht für Verwaltungsrichter ab?
Im Artikel 20 GG steht: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus" und die "vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an" (das von der gewählte Volksvertretung beschlossene) "Gesetz und Recht gebunden". Damit ist auch in Sachsen eine Demokratie europäischen Typs möglich, wenn die Abgeordneten nur wollen und sich getrauen.
Mit freundlichen Grüßen
Walter Keim
Netizen: http://sites.google.com/site/walterkeim/de
Anlagen:
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Gewaltentrennung in Europa:
Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. FOIA= Freedom of Information Act (Informationsfreiheitsgesetz)