Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, den 11. 5. 2005
An die Abgeordneten und Fraktionen des
Deutschen Bundestag
Platz der Republik 1
D-11011 Berlin
2. und 3. Lesung des Informationsfreiheitsgesetzes am 13.5.05: Findet Deutschland den Anschluss an die internationale Entwicklung?
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
am 13.5.05 findet die 2. und 3. Lesung des Informationsfreiheitsgesetzes statt. Am 11.5.2005 wird das Informationsfreiheitsgesetz abschließend im Innenausschuss behandelt. Die Vorgeschichte könnte nicht spannender sein.
Ein Informationsfreiheitsgesetz wird seit den Koalitionsvereinbarungen von1998 und 2002 versprochen.
Bisher ist Deutschland nämlich das einzige bedeutende Land in Europa (im Bund und 12 von 16 Bundesländern) ohne das Menschenrecht der Informationsfreiheit (einschließlich des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung): http://wkeim.bplaced.net/foi-europe.gif und http://wkeim.bplaced.net/foi-laws-eu-de.gif. Weltweit haben ca. 60 Staaten Informationsfreiheitsgesetze beschlossen.
Die Informationsfreiheit (einschließlich des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung) ist Teil der Meinungsfreiheit und durch international anerkannte Menschenrechte speziell des Artikel 19 des Internationaler Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbürgR, BGBl. 1973 II S. 1534) geschützt. Diesem Pakt ist Deutschland beigetreten, verletzt ihn aber bisher.
Überall in Europa wurde auf der Basis der Empfehlung 81 (19) des Europarats aus dem Jahre 1981 die Informationsfreiheit eingeführt, beispielsweise fehlt auf dem Balkan nur noch Montenegro. Werden in Europa übliche Standards von Bürgerfreundlichkeit in Deutschland eine Chance haben?
Die UN, OSCE und AOS bestätigten in ihrer gemeinsamen Erklärung vom 6.12.2004, dass der Zugang zu amtlichen Informationen ein Menschenrecht ist:
The right to access information held by public authorities is a fundamental human right which should be given effect at the national level through comprehensive legislation (for example Freedom of Information Acts) based on the principle of maximum disclosure, establishing a presumption that all information is accessible subject only to a narrow system of exceptions.
Ich begrüße, dass die OSZE sich im Jahr 2005 auf die Informationsfreiheit konsentrieren wird und alle OSZE Staaten einschließlich Deutschland beobachten wird: http://wkeim.bplaced.net/files/osce-050106.htm.
Auch der Europarat wird im Zusammenhang mit einem Besuch des Menschenrechtsbeauftragten in Deutschland im Jahre 2005: http://wkeim.bplaced.net/files/coe-031128.htm und eines Surveys über Informationsfreiheit Deutschland beobachten.
Ich habe es sehr begrüßt, dass der Petitionsausschuss die Petition vom 21.12.2001 "Obrigkeitsstaat durch Einführung der Informationsfreiheit überwinden" am 1.12.2004 befürwortete: Der Beschluss mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen und der FDP lautete, die entsprechende Eingabe der Bundesregierung "zur Berücksichtigung" zu überweisen. Am 16.12.04 hat der Bundestag dem zugestimmt (BT Drucksache 15/4426). Der Bundestagspräsident hat dem Bundeskanzler diese Petition am 22.12.2004 mit einer Antwortfrist von 6 Wochen übermittelt. Allerdings hat der Bundeskanzler bisher nicht geantwortet.
In der Demokratie (Griechisch: Volksherrschaft) sind die Bürger der Souverän. Das aus dem Obrigkeitsstaat übernommene Amtsgeheimnis betrachtet den Bürger als Untertan.
Am 17. Dezember 2004 wurde der Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes (BT Drucksache 15/4493) von den Koalitionsfraktionen in den Bundestag eingebracht.
Die Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist ein aufrechter Kämpfer für die Informationsfreiheit und hat schon 1986 und später 1997 dem Bundestag ein Gesetz vorgeschlagen.
Mit Recht hat die SPD darauf hingewiesen, dass dieses Gesetz in der Tradition Willy Brandts steht "mehr Demokratie" zu wagen. Ich möchte hinzufügen, dass hier auch Bundespräsident Heinemanns Visionen und Gedanken, dass der Staat der Diener des Bürgers wird, Pate stehen.
Auch die FDP und die Abgeordnete Petra Pau der PDS waren der Informationsfreiheit gegenüber sehr positiv und fordern Verbesserungen des Entwurfs.
Dem steht, wie die Zeit 2002 formulierte "der Aufstand der Amtsschimmel" entgegen. Ist, wie die Zeit formulierte "der Widerstand der versammelten Ministerialbürokraten gegen das Gesetz ... (ein) Rückzugsgefecht, zumal auch in Deutschland die Revolution seit einigen Jahren bereits stattfindet"?
In der Anhörung am 14.3.2005 begrüssten die Mehrheit der Experten das Gesetztesvorhaben. Allerdings wurden die zu weit gefassten Ausnahmen als dem Ziel der Einsicht entgegengesetzt aufgefasst. Damit ist das Prinzip der Vereinten Nationen und der OSZE des maksimalen Zugangs und der minimalen Ausnahmen erst durch verbesserungen zu erreichen. Außerdem sollte das Menschenrecht der Informationsfreiheit nicht nur zur Probe beschlossen werden.
Im Artikel 20 GG steht: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus" und die "vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an" (das von der gewählten Volksvertretung beschlossene) "Gesetz und Recht gebunden". Damit ist auch in Deutschland eine Demokratie europäischen Typs möglich, wenn die Bundestagsabgeordneten nur wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Walter Keim
Wird der Bundeskanzler dem Bundestagspräsidenten antworten?: http://wkeim.bplaced.net/files/050418pbt.htm Informationsfreiheitsgesetz ohne Wenn und Aber: http://wkeim.bplaced.net/files/ifg-anhoerung.htm Kommt eine (kleine) Kulturrevolution in Deutschland? http://wkeim.bplaced.net/files/041206btf.htm Protest gegen begründungslose Ablehnungen des Bundesverfassungsgerichts: https://web.archive.org/web/20101119032630/http://www.pappa.com/mmdm/adler/ob_bverfg.html Deutschland, die verspätete Nation: http://www.heise.de/tp/deutsch/special/frei/16121/1.html Wer lädt den Menschenrechtsbeauftragten nach Deutschland ein?: http://wkeim.bplaced.net/files/coe-031128.htm Kampf dem Rechtsberatungsgesetz aus dem Jahre 1935: http://wkeim.bplaced.net/files/031213rberg.htm Warum sind Patientenrechte defizitär in Deutschland? : http://wkeim.bplaced.net/anklage.htm
Kopie: Landtagspräsident
von Baden-Württemberg, Ministerpräsident von
Baden-Württemberg, Fraktionen des Landtages in
Baden-Württemberg, Deutsches
Helsinki-Komitee für Menschenrechte, Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa, e.V., Bundestagsausschuss für
Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
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Anlage: Süddeutschland der Schandfleck bezüglich der Informationsfreiheit in Europa. Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün: Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. Access to Information Law = Informationsfreiheitsgesetz.