1933 wurden Beamte jüdischen Glaubens und andere Beamte, die "nicht die Gewähr dafür ... (boten), dass sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten" (§4) aus dem Staatsdienst entlassen. Zu dieser Zeit waren immer noch zwischen einem Drittel und der Hälfte (die Hälfte in Berlin, bitte mir schreiben, wer das weiß) der Rechtsanwälte in Deutschland jüdischen Glaubens. Nach dem Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 7. April 1933 konnten Jüdische Anwälte, die nach dem 1. August 1914 zugelassen wurden, die Zulassung verlieren (Verordnung vom 28. September 1933).
Das Rechtsberatungsgesetz (RBerG) wurde am 13. Dezember 1935 im Gefolge der Nürnberger Rassengesetze (Blutschutzgesetz, Rechsbürgergesetz) erlassen. Dieses Gesetz hieß ursprünglich "Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung" (RGBl. I 1478). Auch die Rechtsanwaltskammerordnung (RAO 13.12.35, RGBl I, 1470) stammt vom selben Tag. Auf Grund der "Ersten Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes" (vom 13. Dezember 1935, RGBl. I S. 1481) wurde Juden keine Zulassungen erteilt. Das Ziel war, kritische Anwälte und Juden von der Rechtsberatung durch ein Monopol auszuschließen und völlig rechtlos zu stellen. Ausführungsbestimmungen, d. h. "Die fünfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. vom 27. September 1938: Ausscheiden der Juden aus der Rechtsanwaltschaft" sorgte schließlich dafür, dass jüdische Anwälte und Richter, die ,,aus rassischen Gründen'' nicht mehr tätig sein durften, meist auch bedrängten Leidensgenossen nicht mehr vor Gericht beistehen durften. Auch kostenloser Beistand wurde unterbunden.
Die Ausführungsbestimmungen wurden zwar 1945 aufgehoben, aber das NS-Gesetz blieb. Nach dem Zusammenbruch hätte auch das Gesetz aufgehoben werden müssen. Da das nicht geschah haben die Rechtsanwälte auch heute noch ein Monopol auf Rechtsberatung, ein in Europa einmaliges Privileg. Sogar Rat und Hilfe durch freiwillige Organisationen und selbstloses bürgerliches Engagement wird behindert. Das gibt es in keinem anderen Land der Welt. Die Rechtskultur nahm bleibenden Schaden.
Doch seit dem Jahre 2000 wird dieses Gesetz (Hier die Fassung vom 21.7.2002) diskutiert und es regt sich Widerstand:
Dr. Helmut Kramer, Richter am Oberlandesgericht a. D. hat im Forum Justizgeschichte e.V. zahlreiche Beiträge veröffentlicht, darunter eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde und eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Tagung: Vertreibung der Rechtskultur.
Das Forschungsprojekt Rechtsberatungsgesetz publiziert Analysen, eine Linkliste, wichtige Verfahren und Literaturliste.
ZAP-Verlag: Im Anwaltsmagazin wurde von RA Dr. Egon Schneider folgender Aufsatz veröffentlicht: Das RBerG auf dem Prüfstand.
Dr. Helmut Kramer: Rechtsberatungsgesetz von 1935 - Instrument der Disziplinierung Verfassungsbeschwerde gegen die Pönalisierung bürgergesellschaftlichen Engagements sammelt zahlreiche Artikel auf der Seite der DFG-VK.
Das Beschwerdezentrum stellt folgende Fälle dar:
Tacheles e.V. / Haralds Ecke veröffentlichte: Zu den Grenzen der Rechtsberatung Bedürftiger. Prozess wegen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz.
Wolf-Alexander Melhorn: Missbrauch der Rechtsanwälte am fragwürdigen Rechtssystem der BRD.
Rechtsanwaltskammern versuchten TV Kanäle Reportagen über Rechtsfragen zu erschweren. Dissertation von Dr. Sandra Stolzenburg-Wiemer: Die Medien und das Rechtsberatungsgesetz.
Watchdog dokumentiert Menschenrechtsverletzungen und gibt auch Berichte über Deutschland heraus.
Die Bundes-Initiative zur Gleichstellung im Strafvollzug (BIGS) e.V. führt eine Protestaktion gegen das Rechtsberatungsgesetz durch.
JuraWiki.de informiert über das Rechtsberatungsgesetz. Weltweit ist Deutschland der einzige Staat, in dem altruistisches Handeln im Bereich der Rechtsberatung verboten ist.
Der EU Kommissar für Wettbewerb Mario Monti untersucht die wirtschaftliche(n) Auswirkungen einzelstaatlicher Regelungen für freie Berufe: Monopole lohnen sich für die Anbieter, schaden aber der Konkurrenzfähigkeit Europas. Rede für BRAK. Konferenz 28. Oktober 2003. Brief vom 27. Februar 2004.
Frau C. Storm-Knirsch: Rechtsberatungsgesetz aus dem Jahr 1935, Schreiben vom 07. Januar 2003 an unseren Bundespräsidenten Johannes RAU (SPD).
Es gibt Pläne das Rechtsberatungsgesetz zu ändern: Einladung des BMJ zur Anhörung. Stellungnahmen: Proasyl, amnesty international, Tacheles e.V., BRAK, Stefan Fügner: Brief an Bundesjustizministerin vom 25.10.2003. Das BMJ nimmt immer noch Stellungnahmen entgegen und schreibt am 19.11.03: "Alle Anregungen und Unterlagen ... werden berücksichtigt und sorgfältig ausgewertet."
Rechtsberatung im Internet für Deutsche: http://www.rechtsberatungsgesetz.tk/.Das Rechtsberatungsgesetz gilt nicht für das Ausland: siehe OLG Oldenburg Az.: 12 U 16/01 Urteil vom 29.05.2001. (TK steht für Tokelau. Mein herzlicher Dank an die ca. 1600 Insulaner dort im Pazifik, dass sie diese Möglichkeit bieten :-). Die Qualität der Argumente der Praktizierer und Befürworter diese Gesetzes lässt doch sehr zu wünschen übrig.
Die Zwangsmitgliedschaft bei den Rechtsanwaltskammern verstößt gegen § 20 (2) der Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ("Niemand darf gezwungen werden, einer Vereinigung anzugehören."). Kritischen Rechtsanwälten kann mit Hilfe des Rechtsanwaltsmonopols aus dem Rechtsberatungsgesetzes des Jahres 1935 durch der Zurücknahme der Mitgliedschaft Berufsverbot erteilt werden. Obwohl die Bundesrechtsanwaltskammer ist Rechtsnachfolger, der mit Verordnung vom 18.3.1933 errichteten Reichs-Rechtsanwaltskammer (§ 233 BRAO) heißt das nicht, dass die Politik der Reichs-Rechtsanwaltskammer weiter geführt werden muss. Beispielsweise versucht der Vorstand der Rechtsanwaltskammer einen Rechtsanwalt auszuschließen, der in seinen Schriftsätzen unter anderem Menschenrechte einfordert. Dagegen protestieren viele: Solidarität mit RA Claus Plantiko: (Hier klicken) Brief an Rechtsanwaltskammer. Werde Intervenient.
Mit Entscheidung BVerfG, 2 BvR 917/03 vom 23.12.2003 hat das BVerfG festgestellt, dass ein Strafgefangener in seinen Grundrechten verletzt ist, wenn ein Gericht dessen Beschwerde zurückweist mit der Begründung, ein Mitgefangener habe ihm unter Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz geholfen.
13.12.03: Ist das Rechtsberatungsgesetz nach 68 Jahre endlich am Ende?
Kopie an: Bundesministerium der Justiz (27.10.2003), Fraktionen des Bundestages (27.10.2003)
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