Wird der Bundestag den Gedanken des "Raums der Freiheit" (KOM (2002) 247) mit "Garantien für die Achtung (...) der Menschenrechte" in Europa (Agentur der Europäischen Union für Grundrechte COM(2005)280) fördern?

Walter Keim
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, den 1.5.2006 [am 30.5.06 hinzugefügt]

An den
Sprecher für Menschenrechte der SPD-Bundestagsfraktion
Deutschen Bundestages
Platz der Republik 1
D-11011 Berlin

Betreff: Wann werden Menschenrechte die international selbstverständlich sind auch in Deutschland verwirklicht?

Sehr geehrter und Herr Strässer,

ich danke Ihnen für Ihren Brief vom 19.4.06 in dem Sie darauf hinweisen, dass es seit 1.1.06 das Bundesinformationsfreiheitsgesetz gibt. Außerdem schreiben Sie, dass es keinen Beleg gibt, dass erste Direktor Percy MacLean zurücktreten musste, da er auch (wie vom Europarat und den VN gewünscht) innenpolitische Themen aufgriff.

Bitte lesen Sie den Aufsatz der Anlage "Das Deutsche Institut für Menschenrechte - Vision und Wirklichkeit" wird die Frage gestellt: Wie soll es nach dem erzwungenen Rücktritt des ersten Direktors weitergehen?4 in dem Percy MacLean selber darüber schreibt. Ich habe das Deutsche Institut für Menschenrechte daraufhin am 25.12.2003 gebeten mir Akteneinsicht in die Kuratoriumsunterlagen zu geben. Dabei ist die Sitzung des Kuratoriums vom 8.1.2003 zentral, in der dem Direktor das Vertrauen entzogen wurde. Was hat das Deutsche Institut für Menschenrechte zu verbergen, dass mir Einsicht verweigert wurde?

Beispielsweise wollte Percy MacLean - wie das Dänische Menschenrechtsinstitut - auch einen jährlichen Menschenrechtsreport über die Lage der Menschenrechte in Deutschland herausbringen. Warum kommt der - nach seinem Abgang - nun nicht?

[Im Bericht E/2002/22, E/C.12/2001/17, COMMITTEE ON ECONOMIC, SOCIAL AND CULTURAL RIGHTS, REPORT ON THE TWENTY-FIFTH, TWENTY-SIXTH AND TWENTY-SEVENTH SESSIONS, (23 April-11 May 2001, 13-31 August 2001, 12-30 November 2001) steht über Deutschland auf Seite 98 folgendes:

"654. While welcoming the recent establishment of the German Institute for Human Rights, the
Committee notes that the Institute's functions appear to be limited to research, education and the
provision of policy advice, and that it does not enjoy the powers often associated with national
human rights institutions, such as the power to investigate complaints, conduct national inquiries
and formulate recommendations for employers and other actors. In the context of the Covenant,
these limitations are especially regrettable because economic, social and cultural rights receive
less attention and enjoy fewer safeguards than civil and political rights in the State party.

655. The Committee reiterates its concern about the lack of any court decisions in which
reference is made to the Covenant and its provisions, as indicated by the statement made by the
State party in its written replies to the list of issues (E/C.12/Q/GER/2) and as confirmed by the
delegation during its dialogue with the Committee. The Committee is concerned that judges are
not provided with adequate training on human rights, in particular on the rights guaranteed in the
Covenant. A similar lack of human rights training is discerned among prosecutors and other
actors responsible for the implementation of the Covenant.

656. The Committee expresses its concern that there is no comprehensive and consistent
system in place that ensures that the Covenant is taken into account in the formulation and
implementation of all legislation and policies concerning economic, social and cultural rights."

]

Deshalb habe ich Menschenrechtsverletzungen einfach selber untersucht und im Internet publiziert2. Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat auch diese Sammlung bisher nicht kommentiert oder beantwortet. Auch mehr als 25 andre öffentliche Stellen (siehe Kopien am Ende der Liste) haben geschwiegen. Beispielsweise hat der Petitionsausschuss die Petition über Menschenrechtsverletzungen datiert 21.12.03 einfach unterschlagen. Weder das Verwaltungsgericht (Verfahrens VG 2 A 85.04) noch das Verfassungsgericht (1 BvR 1981/05) hat darauf reagiert. Deshalb ist das jetzt beim der Parlamentarischen Versammlung des Europarats und beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte3 anhängig. Es fehlte eben nicht nur das allgemeine Akteneinsichtsrecht sondern auch solche in zivilisierten Ländern selbstverständlichen Rechte auf begründete Antwort innerhalb angemessener Zeit.

Zwar fordert das Institut für Menschenrechte beispielsweise die Landesregierungen auf beim Zusatzprotokolls zur UN-Anti-Folter-Konvention Menschenrechte in der Praxis anzuerkennen, doch habe ich eine systematische Untersuchung zu Menschenrechten in Deutschland nicht gefunden.

Natürlich habe ich es begrüßt, dass der Bundestagspräsident meine Petition vom 21.12.2001 endlich am 22.12.2004 an den Bundeskanzler schickte und der Bundestag - wie von mir vorgeschlagen - ein Gesetz gegen den Willen der Amtsschimmel der Regierung verabschiedete. Zwar ist, wie Sie richtig schreiben seit 1.1.06 im Bund ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG) in Kraft, allerdings fehlten solche Menschenrechte in 12 von 16 Bundesländern, d. h. für ca. 70 % der Bürger in Gemeinden und Ländern. Deshalb habe ich im Herbst 2005 12 Petitionen an Landesparlamente geschrieben. Nur Hamburg hat bisher ein IFG verabschiedet und nur 3 Bundesländer werden voraussichtlich in diesem Sommer IFG-Gesetze verabschieden. Außerdem wurden internationale Standards, was größtmögliche Einsicht bei minimalen Einschränkungen angeht nicht erreicht. Die Gebühren sind abschreckend hoch (Siehe mein Akteneinsichtsgesuch vom 9.2.06: € 107 für 4 Kopien). Ich habe mich am 30.4.06 an den von Ihnen erwähnten Informationsfreiheitsbeauftragten des Bundes gewandt, um eine gesetzeskonforme Anwendung des Bundes-IFG zu fördern.

Eines der Beispiele für Menschenrechtsverletzung ist die Entscheidung in Schleswig-Holstein Verbraucherbetrug als Geschäftsgeheimnis zu betrachten. Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 22. Juni 2005, Az: 4 LB 30/04, lautet: "Weil der Verbraucherschutz kein Rechtsgut von Verfassungsrang ist, muss er grundsätzlich hinter von Art. 14 GG (Eigentumsrecht) geschützten Rechtspositionen zurücktreten und kann auch im vorliegenden Einzelfall die Belange der betroffenen Unternehmen nicht überwiegen." Trotz des Informationsfreiheitsgesetzes in Schleswig-Holstein. Das Bundesverwaltungsgerichts, BVerwG 3 B 126.054 hat das bestätigt. Damit wird Verbraucherbetrug als Geschäftsgeheimnis geschützt: Ein in der zivilisierten Welt einmaliger Skandal.

Wann wird der Bundestag den Deutschen selbstverständliche Menschenrechte verschaffen?

Wann wird das Bekenntnis zu den "unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft" (Artikel 1 (2) GG) auch in Deutschland verwirklicht werden? Im Artikel 20 GG steht: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus" und die "vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an" (das von der gewählte Volksvertretung beschlossene) "Gesetz und Recht gebunden". Damit ist auch in Deutschland eine Demokratie europäischen Typs mit gleich hohen Menschenrechtsschutz möglich, wenn die Bundestagsabgeordneten nur wollen und sich getrauen.

Mit freundlichen Grüßen

Walter Keim

Deutschland, die verspätete Nation: http://www.heise.de/tp/deutsch/special/frei/16121/1.html: Deutschlands Defizit bei der Informationsfreiheit
Promotion of Human Rights in Germany: http://wkeim.bplaced.net/files/pace-complaint.htm, http://wkeim.bplaced.net/files/echr-complaint.htm and http://wkeim.bplaced.net/files/petition-hr.htm

Anlagen:

  1. Einladung des Menschenrechtsbeauftragten des Europarats, Einsicht in Kuratoriumsitzungsunterlagen: http://wkeim.bplaced.net/files/031225im.htm
  2. Menschenrechtsverletzungen Deutschlands: Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Informationsfreiheit und faires Verfahren: http://wkeim.bplaced.net/files/de_menschenrechte.htm
  3. Promotion of Human Rights in Germany: http://wkeim.bplaced.net/files/pace-complaint.htm, http://wkeim.bplaced.net/files/echr-complaint.htm
  4. Im Aufsatz: "Das Deutsche Institut für Menschenrechte - Vision und Wirklichkeit" wird die Frage gestellt: Wie soll es nach dem erzwungenen Rücktritt des ersten Direktors weitergehen? http://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/themen/Menschenrechte/maclean.html
  5. 18.4.06: Bietet das Bundesverwaltungsgericht die Gewähr dafür sich jederzeit für Menschenrechte einzusetzen? Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts, BVerwG 3 B 126.05
  6. Tabellarische Übersichten: Menschenrecht Informationsfreiheit im Bundesgesetzblatt (BGBl.): http://wkeim.bplaced.net/IFG.htm#Europarat 

 

Kopie: Deutsches Institut für Menschenrechte

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Anlage: Informationsfreiheit in Europa. Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün: Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. Access to Information Law = Informationsfreiheitsgesetz.

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