Die parlamentarische Demokratie basiert auf dem Vertrauen des Volkes; Vertrauen ohne Transparenz, die erlaubt, zu verfolgen, was politisch geschieht, ist nicht möglich (BVerfGE 40, 296 <327>)

English in English: http://wkeim.bplaced.net/files/enforce_access_to_information.html

Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, den 27.10.2012

An das
Verwaltungsgericht München
Postfach 200543 
D-80005 München

In 2 Exemplaren per Post, vorab per E-Mail und Fax: 0049-89-5143777

In der Verwaltungsstreitsache Walter Keim ./. Freistaat Bayern, der durch die Staatsregierung und dem Landtag vertreten werden muss,  Az. M 17 K 12.3408

Verpflichtungsklage: Akteneinsicht in die Stellungnahmen des Staatsministeriums des Innern (14.4.2008, Az. IA1-1017-8) und der Justiz (8.1.2008, Az. 1402 E Ls - I - 9892/2007) gemäß Art. 19 (4) GG, 20 (3) GG, Art. 25 GG, Art. 5 GG i. Vb.m. Art. 19 (2) IPbpR und Art. 10 EMRK, Art. 13 EMRK, Art. 10 EKMR, Art. 19 IPbpR und § 9 AGO

werden vorläufig Abschriften von ca. 4 Dokumenten beantragt und Widerspruch gegen die Ablehnung vom 15.10.2012 des Antrages vom 10.10.2012 auf Aktenübersendung ins Konsulat in Trondheim eingelegt.

Es wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 1 VwGO die Übersendung von Kopien folgender Dokumente beantragt:

  1. Inhaltsverzeichnis der Gerichtsakte mit dem Verzeichnis aller Dokumente
  2. Inhaltsverzeichnis der Petitionsakte mit dem Verzeichnis aller Dokumente
  3. Schreiben der Zustellung an Freistaat Bayern (siehe Mitteilung an Kläger: am 26.7.2012 "wurde (die Klage) der Beklagtenpartei (Freistaat) zugestellt")
  4. Kommunikation zwischen VG München und Landtag vor dem 20.9.2012

Von nun an bitte ich Briefe an meine neue Adresse zu senden:

Walter Keim
Almbergskleiva 64
NO-6657 Rindal - Porten til Trollheimen
Fax: 0047-71 66 40 51

Begründung des Widerspruchs:

Falls das noch nicht geschehen ist, muss die Verpflichtungsklage neben dem Landtag auch
a) der Bayerischen Staatsregierung, diese vertreten durch das Bayerische Staatsministerium der Justiz, sowie
b) der Bayerischen Staatsregierung, diese vertreten durch das Bayerische Staatsministerium des Innern
zugestellt werden, da sich die Klage gegen den Freistaat richtet, der auch die Staatsregierung einschließt.

Wie die am 10.10.2012 beigelegte Anfrage des Verwaltungsgerichts Berlin ans Auswärtige Amt um Amtshilfe um Akteneinsicht im Konsulat in Trondheim zu ermöglichen zeigt, wurden in der Verwaltungsstreitsache Walter Keim ./. Bundesrepublik Deutschland < VG 2 A 85.04< die Petitionsakte des Bundestages nach Trondheim geschickt. Dabei ging es unter anderem um Akteneinsicht in Schreiben von Ministerien. Das Konsulat folgte selbstverständlich der Skandinavischen Tradition kostenloser Kopien.

Deshalb wäre eine Begründung der introvertierten Feststellung, dass kein Verwaltungsverfahren anhängig ist, interessant gewesen.

Die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Fall VwGO) gegen den Verwaltungsakt der Verweigerung der Akteneinsicht durch die Staatsregierung und den Landtag ist ein Verwaltungsverfahren.

Bedeutet die Ablehnung, dass sich das Verwaltungsgericht auf dem Antrag des Landtags vom 20.9.2012 stützt? Dort wird in Punkt II.1 angeführt, dass sich "das Petitionsverfahren (...) weder auf die Vorbereitung noch den Erlass eines Verwaltungsakts (...) (ge)richtet" ist.

In der Stellungnahme vom 15.10.2012 wurde den Auffassungen des Antrages des Landtages begründet widersprochen.

Darauf wird Bezug genommen. Aus dem Vorbringen wird/sei nur ein Punkt herausgegriffen.

Der Landtag fasst zusammen: Das "Ergebnis (kein Verstoß gegen EMRK und IPbpR) ist vielmehr letztlich unmittelbarer verfassungsrechtlicher Ausfluss des Wesens -und der Grenzen - des Petitionsrechts aus Art. 115 PV".

Dies widerspricht Bundesrecht, siehe Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im Urteil vom 3. November 2011 – 7 C 4.11

Die im Grundgesetz verwirklichte Staatsform der repräsentativen Demokratie mit der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung entfaltet keine Sperrwirkung gegenüber der Ermöglichung einer informellen öffentlichen Kontrolle auch des Regierungshandelns durch einen grundsätzlich umfassenden Informationszugang.

In der parlamentarischen Demokratie wird die Herrschaft des Volkes durch die Wahl der Volksvertretung mediatisiert, also nicht dauernd unmittelbar ausgeübt. Die Wahl ist dabei das wesentliche Element des Prozesses der Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen. Im Wahlakt erschöpft sich dieser Prozess allerdings nicht. Denn das Recht des Bürgers auf Teilhabe an der politischen Willensbildung äußert sich nicht nur darin, sondern auch in der Einflussnahme auf den ständigen Prozess der politischen Meinungsbildung, der Bildung der „öffentlichen Meinung“. Die demokratische Ordnung ist deswegen durch einen parlamentsübergreifenden Prozesscharakter gekennzeichnet19. Die parlamentarische Kontrolle der Regierung, die den demokratischen Verantwortlichkeitszusammenhang gegenüber dem Repräsentationsorgan herstellt, schließt deswegen eine Kontrolle durch die öffentliche Meinung, die auf fundierte Informationen angewiesen ist, nicht aus. Vielmehr können sich diese verschiedenen Kontrollen auch ergänzen.

Aufgrund dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts greifen die vom der Vertreterin des Landtags angeführten Gerichtsentscheidungen nicht, da sie älter sind und von unterhalb des BVerwG.

Im vom Landtag zitierten Urteil VG Berlin vom 22.4.2010, Az. 2 K 98.09 steht explizit: "Das Bundesministerium der Justiz hat als Behörde (...) gehandelt (als es sich zur Petition äußerte)."

Nach Zustellung der Klage an die Staatsregierung greift Art. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG). Die Verpfichtungsklage hätte auch der Staatsregierung zugestellt werden müssen, da das VG Berlin am 27.2.2004 im Verfahren VG 2 A 85.04 die Beklagten Bundestag und Bundesministerium des Innern zur Bundesrepublik Deutschland zusammenfasste.

Die von der Vertreterin des Landtags aus der BV (Bayerische Verfassung) abgeleiteten Begrenzungen des Menschenrechts des Informationszugangs greifen auch deshalb nicht, weil sie dem übergeordneten Grundgesetz widersprechen. Da Bundesrecht Landesrecht bricht, sind die Akten in den europäischen "Raum der Freiheit" mit "Garantien für die Achtung (...) der Menschenrechte" (KOM (2002) 247) nach Trondheim zu schicken.

Außerdem folgt das Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG) nicht internationalen Standards der maximalen Offenheit. 84 Staaten mit 5,5 Milliarden Einwohnern d. h. 78 % der Weltbevölkerung haben besseren Informationszugang. Damit ist dieses Gesetz nicht geeignet Begrenzungen des Menschenrechts auf Informationszugang nach EMRK und IPbpR zu begründen, das in Bayern den Rang eines Gesetzes hat.

Walter Keim


Antwort:


  Anlage:

(...)

Die im Grundgesetz verwirklichte Staatsform der repräsentativen Demokratie mit der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung entfaltet keine Sperrwirkung gegenüber der Ermöglichung einer informellen öffentlichen Kontrolle auch des Regierungshandelns durch einen grundsätzlich umfassenden Informationszugang.

In der parlamentarischen Demokratie wird die Herrschaft des Volkes durch die Wahl der Volksvertretung mediatisiert, also nicht dauernd unmittelbar ausgeübt. Die Wahl ist dabei das wesentliche Element des Prozesses der Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen17. Im Wahlakt erschöpft sich dieser Prozess allerdings nicht. Denn das Recht des Bürgers auf Teilhabe an der politischen Willensbildung äußert sich nicht nur darin, sondern auch in der Einflussnahme auf den ständigen Prozess der politischen Meinungsbildung, der Bildung der „öffentlichen Meinung“18. Die demokratische Ordnung ist deswegen durch einen parlamentsübergreifenden Prozesscharakter gekennzeichnet19. Die parlamentarische Kontrolle der Regierung, die den demokratischen Verantwortlichkeitszusammenhang gegenüber dem Repräsentationsorgan herstellt, schließt deswegen eine Kontrolle durch die öffentliche Meinung, die auf fundierte Informationen angewiesen ist, nicht aus. Vielmehr können sich diese verschiedenen Kontrollen auch ergänzen20. Dieser staatsrechtlichen Verortung des vom Informationsfreiheitsgesetz ermöglichten Informationszugangs steht nicht entgegen, dass er als Jedermannsrecht nicht dem Staatsbürger als dem Zurechnungsendsubjekt der demokratischen Legitimation der Staatsgewalt vorbehalten ist. Denn der auf die demokratische Willensbildung bezogene Wirkungszusammenhang wird durch eine in personeller Hinsicht überschießende Regelung nicht beeinträchtigt.


Soweit die Beklagte auf die besondere Schutzbedürftigkeit sensibler und vertraulicher Informationen aus dem Bereich der Regierung verweist, so ist dem zunächst unter Beachtung der jeweils konkreten Umstände nach Maßgabe der gesetzlich vorgesehenen Verweigerungsgründe Rechnung zu tragen. Dabei sind verfassungsrechtlich begründete Rechtspositionen zu berücksichtigen. Falls erforderlich sind ergänzend verfassungsunmittelbare Weigerungsgründe heranzuziehen21.
Sind personenbezogene Daten des Petenten betroffen, greift der Schutz durch § 5 IFG. Die notwendige Vertrauensbeziehung zwischen Petent und Parlament als Funktionsbedingung des Petitionsgrundrechts nach Art. 17 GG wird damit gewährleistet.

Das Bundesministerium der Justiz ist zur Verfügung über die Stellungnahmen berechtigt; es hat demnach über den Antrag zu entscheiden. Nach der als Zuständigkeitsbestimmung ausgestalteten Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG entscheidet diejenige Behörde über den Informationszugang, der die Verfügungsberechtigung zusteht. Mit diesem Kriterium macht das Gesetz deutlich, dass die lediglich faktische Verfügungsmöglichkeit im Unterschied etwa zu § 2 Abs. 4 Satz 1 UIG22 nicht ausreicht. Die Verfügungsberechtigung liegt aber auch nicht bereits dann vor, wenn die Information nach formalen Kriterien ordnungsgemäß Teil der Akten der grundsätzlich informationspflichtigen Behörde ist. Die ordnungsmäßige Zugehörigkeit zu den Akten ist nur notwendige, nicht aber hinreichende Bedingung für die Verfügungsberechtigung.
Verfügungsberechtigt über eine Information ist grundsätzlich deren Urheber23. Demjenigen, der die Information im Rahmen der Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben erhoben oder selbst geschaffen hat, ist sie auch zur weiteren Verwendung zugewiesen. Das umfasst auch die Entscheidung, welchem Personenkreis sie zugänglich gemacht werden soll. Wird die Information im weiteren Verlauf anderen Behörden übermittelt und ist sie demnach an mehreren Stellen verfügbar, soll mit dem Merkmal der Verfügungsberechtigung eine sachangemessene Entscheidungszuständigkeit ermöglicht werden, die sowohl der Aufgabenverteilung auf Seiten der Behörden als auch dem Interesse des Informationsberechtigten an einer aus seiner Sicht nachvollziehbaren Bestimmung der auskunftspflichtigen Stelle Rechnung trägt. Insbesondere angesichts der umfangreichen Abstimmungspraxis unter den Behörden, aufgrund deren diese in großem Umfang als Teil der bei ihnen geführten Akten über Informationen verfügen, die nicht von ihnen erhoben worden sind, sollen die Verfahren auf Informationszugang bei der Behörde konzentriert werden, der die größte Sachnähe zum Verfahren zukommt bzw. die die Verfahrensführung innehat24. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll maßgebend sein, ob die Behörde ein Verfügungsrecht kraft Gesetzes oder – gegebenenfalls stillschweigender – Vereinbarung erhält25. Die Beklagte kann sich indessen nicht darauf berufen, dass allein dem Petitionsausschuss die Verfahrensherrschaft über das Petitionsverfahren zukomme und er deshalb allein über alle ihm übermittelten Unterlagen verfügen dürfe. Soweit auch in der Begründung des Gesetzentwurfs von einem Übergang der Verfügungsberechtigung die Rede ist, bezieht sich das jeweils nur darauf, dass bei Weitergabe der Information der weitere Empfänger ein eigenes Verfügungsrecht erhält. Der Urheber der Information verliert seine Verfügungsberechtigung damit aber nicht ohne Weiteres, zumal wenn er diese Information weiterhin (auch) in seinem Aktenbestand behält26. Mit dem Argument der Sachnähe bzw. der Verfahrensführung ist im Verhältnis zum Urheber nichts gewonnen; denn das Ministerium nimmt durch die Stellungnahme gegenüber dem Petitionsausschuss eine eigene, gerade ihm obliegende Aufgabe war. Ob etwas anderes dann gelten könnte, wenn der Urheber der Information der die Information anfordernden Stelle lediglich eine eher formelle Unterstützung leistet, indem er etwa seine personellen und sächlichen Mittel zur Materialsammlung zur Verfügung stellt, kann dahinstehen. Denn hier sollte ersichtlich die Verwaltungspraxis vor dem allgemeinen rechtlichen und tatsächlichen – hier zugleich zeitgeschichtlichen – Hintergrund dargestellt und gegebenenfalls die Frage nach einem gesetzgeberischen Handlungsbedarf beantwortet werden.

Versagungsgründe stehen dem Anspruch auf Zugang zu den streitigen Unterlagen nicht entgegen. Für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der von der Beklagten in Anspruch genommenen Weigerungsgründe ist nichts dargetan. Die Berufung auf § 3 Nr. 4 IFG geht fehl. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt. Die Stellungnahmen werden von dem damit gewährleisteten besonderen Geheimnisschutz nicht erfasst. Die von der Beklagten angeführten, auf die Arbeit des Petitionsausschusses bezogenen Vertraulichkeitsbestimmungen betreffen nur dessen Tätigkeit und dessen Informationen; im Verhältnis zum verfügungsberechtigten Bundesministerium sind sie ohne Bedeutung. Wie die Verschwiegenheitspflicht nach § 44d AbgG einzuordnen wäre, kann dahinstehen, denn jedenfalls gilt sie nur für den Abgeordneten und hat keinerlei überschießende Wirkungen.
§ 3 Nr. 3 Buchst. b IFG steht dem Informationsanspruch ebenso wenig entgegen. Nach dieser Bestimmung besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Angesichts des Schutzzwecks der Vorschrift ist die allein in § 3 Nr. 3 Buchst. a IFG erwähnte „notwendige Vertraulichkeit“ auch auf die behördlichen Beratungen zu beziehen. Mit der Formulierung „solange“ macht das Gesetz deutlich, dass der Informationszugang grundsätzlich nur aufgeschoben ist. Die Dauer dieses Aufschubs bestimmt sich danach, ob der Schutz der Vertraulichkeit weiterhin eine Offenlegung der Beratungsinterna verbietet. Der Abschluss des laufenden Verfahrens bildet dabei keine unüberwindbare zeitliche Grenze27.

Es kann dahinstehen, ob die Stellungnahme als reine Beratungsgrundlage, die Rückschlüsse auf den Gang der Meinungsbildung im Petitionsausschuss nicht zulässt, nach diesen Maßstäben überhaupt schutzwürdig ist. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass allein durch das Wissen um eine spätere Offenlegung einer nicht vom Petitionsausschuss stammenden und insoweit externen Beratungsgrundlage der Willensbildungsprozess im Ausschuss beeinträchtigt werden könnte.

Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass die Stellungnahme als Ergebnis vertraulicher Beratungen und Abstimmungsprozesse zwischen dem Petitionsausschuss und dem Bundesministerium zu schützen sei, folgt der Senat dem nicht. Ein solches Vorgehen ließe sich mit Sinn und Zweck des jedenfalls auch aus Art. 17 GG abzuleitenden Petitionsinformationsrechts nicht vereinbaren. Der Petitionsausschuss hat danach die Befugnis, sich über den der Petition zugrunde liegenden Sachverhalt alle diejenigen Informationen von der Exekutive zu beschaffen, derer er bedarf, um die Petition sachgemäß behandeln zu können. Das umfasst – für Beschwerden in § 1 des Gesetzes über die Befugnisse des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages (PetAG) ausdrücklich normiert – zunächst das Recht, von den zuständigen Ministern Auskunft zu verlangen28. Die Auskunft als eine der Arbeitsgrundlagen des Petitionsausschusses hat allein die Exekutive zu verantworten. Auch wenn der Petitionsausschuss zusätzliche und ergänzende Informationen fordert, macht dies die von der Exekutive abzugebende Stellungnahme nicht zu einem Produkt vertraulicher Beratungen mit dem Petitionsausschuss.

Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte schließlich darauf, dass dem begehrten Informationszugang der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung entgegenstehe.

Diese ausgehend vom Gewaltenteilungsprinzip insbesondere im Parlamentsrecht entwickelte Rechtsfigur schließt zur Wahrung der Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich ein29. Zu diesem Bereich gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht. Um ein Mitregieren Dritter bei noch ausstehenden Entscheidungen der Regierung zu verhindern, erstreckt sich die Kontrollkompetenz des Parlaments daher grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen sind zur Wahrung eigenverantwortlicher Kompetenzausübung der Regierung geschützt. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, die dem Einblick Außenstehender weiterhin verschlossen bleiben müssen. Diese Grundsätze sind auch bei Ansprüchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz zu berücksichtigen. In welcher Weise das im Einzelnen zu geschehen hat, kann hier dahinstehen. Denn eine Stellungnahme, die bestimmungsgemäß einem anderen Verfassungsorgan übermittelt worden ist, hat den absolut geschützten Binnenbereich der Regierung verlassen.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 3. November 2011 – 7 C 4.11

  1. Schoch, IFG, 2009, § 1 Rn. 165
  2. BTDrucks 15/4493 S. 7
  3. BVerwG, Urteil vom 20.07.1984 –7 C 28.83, BVerwGE 70, 5, 13 = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 198; vgl. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 1 Rn. 241, 248 f.
  4. vgl. nur Ehlers, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.),Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2008, § 1 Rn. 5 ff. m.w.N.
  5. vgl. etwa Schröder, HStR, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 106 Rn. 4, 10 f., 29 f.
  6. vgl. Ehlers a.a.O. Rn. 12
  7. siehe Art. 2 Nr. 2 derRichtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.01.2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen
  8. siehe hierzu auch BVerwG, Urteil vom 18.10.2005 –7 C 5.04, Buchholz 406.252§ 2 UIG Nr. 1Rn. 21
  9. vgl. Schoch, IFG, 2009, § 1 Rn. 79
  10. siehe Schmitz a.a.O. § 1 Rn. 83, 165 ff., 186 ff.; vgl. auch Pieper, Informationsfreiheit und Informationsrecht, Jahrbuch 2008, S. 59, 75 f.
  11. Schoch a.a.O. § 1 Rn. 90
  12. BTDrucks 15/4493 S. 7 f.
  13. BTDrucks 15/4493 S. 8
  14. so auch Schoch a.a.O. § 1 Rn. 84, 88; Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, 2009, S. 111 ff.; Gurlit, Verw 2011, S. 75, 84 ff.; Schaar, Informationsfreiheit und Informationsrecht, Jahrbuch 2010, S. 1, 4 ff.; Sokol, FS Jaeger, 2011, S. 573, 587; a.A. etwa Pieper a.a.O. S. 59, 68 ff.
  15. BTDrucks 15/4493 S. 6
  16. BTDrucks 15/4493 S. 12
  17. BVerfG, Urteil vom 03.03.2009 –2 BvC 3/07, 2 BvC 4.07,BVerfGE 123, 39
  18. BVerfG, Urteil vom 19.07.1966 –2 BvF 1/65,BVerfGE 20, 56, 98
  19. vgl. Dreier, in ders. , GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2008, Art. 20 Rn. 83
  20. vgl. Böckenförde, HStR, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 34 Rn. 19; sowie Scherzberg, GVwR, Bd. III, § 49 Rn. 126; Kahl, GVwR, Bd. III, § 47 Rn. 210
  21. siehe BVerwG, Urteil vom 03.11.2011 –7 C 3.11– I. 1. b) cc)
  22. siehe dazu Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer,Umweltrecht I,§ 2 UIGRn. 53
  23. siehe BTDrucks 15/4493 S. 14
  24. vgl. Berger, in Berger/Roth/Scheel, IFG, 2006, § 7 Rn. 5
  25. BTDrucks 15/4493 S. 14
  26. vgl. auch Fluck, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, IFG Bund, § 7 Rn. 57
  27. vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.07.2011 –7 B 14.11,NVwZ 2011, 1072Rn. 5
  28. vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 45c Rn. 49, 59
  29. siehe zuletzt BVerfG, Beschluss vom 17.06.2009 –2 BvE 3/07,BVerfGE 124, 78

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