Einschreiben
Der Erfolgreichste im Leben ist der, der am Besten informiert ist. (Benjamin Disraeli)
Frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht. (Präambel der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft)
in English: http://wkeim.bplaced.net/files/070102bp-en.htm
Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, den 8. 3. 2007
Bundespräsident
Bundespräsidialamt z. Hd. von Referatsleiter Professor Pieper
Spreeweg 1
D-10557 Berlin
Copy: Commissioner for
Human Rights Council of Europe, EU
Fundamental Rights Agency, OSCE,
OECD, PACE and UN
Betreff: Geschäftszeichen Z6 Akteneinsicht: Bietet der
Bundespräsident die Gewähr sich jederzeit für das
Menschenrecht der Informationsfreiheit einzusetzen? Warum wurde
der Brief vom 2.12.06 immer noch nicht beantwortet?
Sehr geehrter Herr Professor Pieper,
Ich beziehe mich auch auf meinen eingeschriebenen Antrag auf Akteneinsicht vom 2.12.06, in den Brief des Bundespräsidenten an die Bundesregierung vom 21.11.06. Da ich nicht sehen konnte eine Antwort bekommen zu haben, wurde das am 8.1.07 eingeschrieben nochmals eine Antwort angemahnt. Am 9.1.07 wurde vom Bundespräsidialamt nur der Brief vom 08.12.2006 zugänglich gemacht.
Nach § 7 (5) des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG, BGBl. I S. 2722) ist die Information dem Antragsteller "unverzüglich zugänglich zu machen. Der Informationszugang soll innerhalb eines Monats erfolgen." Dies ist für den Antrag vom 2.12.06 jedoch nicht geschehen. Nun sind schon mehr als 3 Monate vergangen. Was hat das Präsidialamt zu verbergen?
Am 29.01.2007 antwortete der Bundesrat und sandte Drucksache 584/06: Bundesrat wünscht Verzahnung von Verbraucherschutz, Informationsfreiheit und Zugang zu Umweltinformationen. Der Bundestagspräsident gab den Brief an den Petitionsausschuss weiter.
Das Bundeskanzleramt teilt am 2.1.07 bezüglich des Antrages auf Akteneinsicht in den Brief der Bundesregierung an den Bundespräsidenten vom 4.12.06 mit: "Federführende Behörde im Sinn des § 7 Absatz 1 Satz 1 IFG ist nicht das Bundeskanzleramt. Die Entscheidung über die Herausgabe der begehrten Information obliegt ausschließlich dem Bundespräsidialamt als Initiator des in Rede stehenden Schriftwechsels". Deshalb habe ich am 8.1.07 beim Bundespräsidenten auch Akteneinsicht in den Brief vom 4.12.06 beantragt, gemäß dem Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG, BGBl. I S. 2722).
Die Bundesregierung hat mir am 2.1.2007 auch geschrieben: "Die Bundesregierung hatte in ihrem Schreiben vom 4. Dezember 2006 gegenüber dem Bundespräsidialamt dargelegt, dass sie die betroffenen Regelungen für verfassungsgemäß hält."
Im Brief des Bundespräsidenten vom 8.12.06 steht dagegen:
"Mit ihrer Stellungnahme vom 30. November 2006 hat mir die Bundesregierung in Bezug auf das Aufgabenübertragungsverbot des Artikels 84 Abs. 1 Satz 7 des Grundgesetzes mitgeteilt, dass mit den Ländern Konsens darüber hergestellt worden sei, dass in Bundesgesetzen geregelte neue Verpflichtungen für staatliche Stellen allgemein an die zuständigen Stellen zu adressieren sind und Kommunen in Gesetzen nicht zu nennen sind."
Was stimmt nun? Hat die Bundesregierung 2 Briefe geschrieben am 30.11.06 und 4.12.06? Hat die Bundesregierung innerhalb einer Woche ihre Meinung völlig verändert? Hiermit beantrage ich auch die Zusendung des Briefes der Bundesregierung vom 30.11.06.
In der Presseveröffentlichung und dem Brief des Bundespräsidialamtes vom 8.12.06 steht auch: "Damit fügt sich das Gesetz in die Grundkonzeption der geltenden Informationsfreiheitsgesetze (u. a. Umweltinformationsgesetz vom 22. 12. 2004 und Informationsfreiheitsgesetz des Bundes vom 5. 9. 2005) ein, die nicht darauf abstellen, dass die informationspflichtige Stelle sachlich zuständig ist, sondern allein darauf, ob bei einer Stelle entsprechende Informationen vorhanden sind"
Die Information was das Bundespräsidialamt selber geschrieben hat liegt dort offensichtlich vor. Sind Ihre politischen Ambitionen größer als Ihre juristische Kompetenz?
Presseberichte sind völlig widersprüchlich in der Beurteilung, ob offensichtliche Verfassungswidrigkeit vorliegt und ob die Kompetenzen des Bundespräsidenten überschritten (SZ, 11.12.06: "Veränderte Rolle: Der Bundespräsident als Verfassungsrichter") sind oder nicht. Kann der Zugang zum Briefe vom 21.11.06, 30.11.06 und 4.12.06 Klarheit in die Begründung der Verweigerung der Unterzeichnung bringen? Warum sind die Juristen der Regierung und die Juristen des Bundespräsidenten so total uneinig? Wird in Zukunft der Vertreter des Präsidialamts, die graue Eminenz der deutschen Politik? Welche "Arbeitsebenen" gibt es zur "frühzeitigen Einflussnahme"?
Der Berliner Staatsrechtler Hans Meyer hat Bundespräsident Horst Köhler vorgeworfen, die Verfassung zu verletzen (focus, 20.12.06). Der Spiegel (Heft 51/2006, S.29) spricht davon, dass es Gerüchte gibt, dass der Ökonom Köhler "den Expertisen eines ehrgeizigen, etwas größenwahnsinnigen Juristen zum Opfer gefallen" sei.
Das durch das Verbraucherinformationsgesetz verfolgte Ziel, als Konsequenz aus den Lebensmittelskandalen der letzten Zeit die Informationsansprüche der Verbraucherinnen und Verbraucher zu stärken und mehr Transparenz zu schaffen, ist aber aktueller denn je und bedarf weiterhin dringend einer möglichst umfassenden Regelung. Die Bundesregierung prüft immer noch, ob sie einen Entwurf im Kabinett behandeln wird, d. h. dass Ihres Erachtens "sehr schnell durch die erneute Verabschiedung" des Gesetzes berechtigten Verbraucherinteressen Rechnung getragen wird ist nicht eingetreten. Kölner Stadt-Anzeiger 4.3.07: Aus informierten Kreisen in Berlin war jedoch zu erfahren, dass vor allem das Justizministerium grundsätzlich prüft, ob eine Regelung durch den Bund erforderlich ist."
Die Informationsfreiheit (einschließlich des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung) ist Teil der Meinungsfreiheit und auch durch international anerkannte Menschenrechte speziell des Artikel 19 des Internationaler Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbürgR, BGBl. 1973 II S. 1534) geschützt.
In ca. 70 Staaten ist der Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung in der Verfassung verankert. Weitere ca. 40 Staaten haben dieses Menschenrecht gesetzlich verankert. Damit ist das Menschenrecht des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung in mehr als die Hälfte der Staaten in der Welt und fast allen Staaten in Europa realisiert, das gemäß Art. 59 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechts ist.
Auch "Artikel 10 der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EKMR, BGBl. 1952 Teil II S. 685) schützt die Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit. Im Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Fünfte Sektion), Rechtssache Sdruženi Jihoceské Matky gegen Tschechische Republik, Antrag Nr. 19101/03 vom 10. Juli 2006 wurde "eine ausdrückliche und unleugbare Anerkennung der Anwendung von Artikel 10 im Falle einer Verweigerung eines Antrags auf Zugang zu öffentlichen oder behördlichen Dokumenten enthält". Auch die Rechtssache GERAGUYN KHORHURD PATGAMAVORAKAN AKUMB v. ARMENIA: Antrag Nr. 11721/04 vom 11. April 2006 bestätigt diese Rechtsprechung.
Der Europarat hat in seiner "Empfehlung Rec(2004)6 über die Verbesserung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe" gefordert, den EGMR zu entlasten, indem die Rechtsprechung des EGMR bekannter gemacht und mehr beachtet wird.
Laut Artikel 1 (2) GG sind die "unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten (...) Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft". Artikel 46 der Konvention für Menschenrechte lautet "Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen." Damit ist das Menschenrecht des Zugang zu Informationen der öffentlichen Verwaltung auch in Deutschland juristisch durchsetzbar. Das gilt sowohl für Informationen über Lebensmittel als auch Briefe des Bundespräsidenten.
Mit freundlichen Grüßen
Walter Keim
Keim gegen Deutschland Antrag Nr. 41126/05 beim
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte: http://wkeim.bplaced.net/files/echr-061101.htm
Kopie: Bundeskanzlerin, Bundestagspräsident, Bundesrat, Bundestagsabgeordnete, Verbraucherkommission, foodwatch, Verbraucherzentrale, Deutscher Presserat, Deutsche Presse, TV Stationen, Kopien auch an 8 Bundesländer ohne Informationsfreiheitsgesetze
Anlage:
Antworten:
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Anlage: Süddeutschland der Schandfleck bezüglich der Informationsfreiheit in Europa. Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün: Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. Access to Information Law = Informationsfreiheitsgesetz.