Sehr geehrte Frau Sorge,
ich danke Ihren für den gründlichen, gut recherchierten Artikel "Informationsfreiheit:
Stiefkind des Verwaltungsalltags" mit u. a. Kommentaren zum neuen
Thüringer IFG und Stuttgart 21. Mehr solche Presseartikel würden die Lage
von Transparenz und Informationsfreiheit verbessern.
Deutschland sollte, um zu Europa, der OECD, G20 und den BRICS-Staaten
aufzuschließen, Informationsfreiheitsgesetze in allen Bundesländern
verabschieden, das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) des Bundes verbessern,
Nebentätigkeiten der Abgeordneten transparenter machen und die Konventionen
gegen Korruption des Europarates und der Vereinten Nationen ratifizieren
sowie die Transparenz der Parteienfinanzierung verbessern (Siehe NIS
(National Integrety System) Forderungen 2, 3, 4, 8, 34, 35 und 52 ff. für
eine integere Republik von Transparency Deutschland) (1).
Der Beitritt zur Open Government
Partnership kann helfen das zu verwirklichen.
Verbesserungsmöglichkeiten bei Informationsfreiheit, Transparenz und
Antikorruptionsregeln sind enorm:
- 84 Staaten mit ca. 5,5 Milliarden d. h. 78 % der Bürger auf der Welt
haben ein besseres Informationsfreiheitsgesetz als deutsche Bürger im
Bund (http://www.rti-rating.org/country-data/).
Nur Liechtenstein, Österreich, Griechenland und Tadschikistan haben
schlechtere Informationsfreiheitsgesetze.
- Mehr als 130 Staaten (https://www.rti-rating.org/country-data/)
mit mehr als 5,9 Milliarden Einwohnern, d. h. 84% der Weltbevölkerung
haben entweder Informationsfreiheitsgesetze oder entsprechende
Verfassungsbestimmungen. In 5 Bundesländern d. h. der Hälfte der
Bevölkerung in Deutschland fehlen generelle (über Verbraucherinformation
und Umweltinformation hinausgehende) Informationsfreiheitsgesetze.
- Die UN Konvention gegen Korruption ist zwar in mehr als 165
Staaten (Stand 24.12.2012) mit mehr als 6,6 Milliarden Einwohnern
ratifiziert d. h. 94% der Weltbevölkerung, nicht aber von Deutschland.
- Der Vorschlag der Staatengruppe gegen Korruption GRECO des Europarates
das Strafrechtsübereinkommen über Korruption SEV-Nr. : 173 und
Zusatzprotokoll zu ratifizieren und die Transparenz der
Parteienfinanzierung in Deutschland mit Hinweis auf Recommendation
Rec(2003)4 zu verbessern wurde abgelehnt. GRECO leitete deshalb im
Herbst 2012 die zweite Stufe des „Non-Compliance-Verfahrens“
gegen Deutschland ein.
- Deutschland ist das einzige Land in Europa, das weder die UN
Konvention noch das Strafrechtsübereinkommen gegen Korruption
ratifiziert hat.
Ich habe die Verantwortlichen mit diesen Fakten konfrontiert:
- Fraktionsvorsitzende mit Abgeordnetenwatch
(2), speziell die CDU
(3) und CSU.
- Parlamente mit Petitionen
(4)
- Experten
die IFG Gesetze evaluieren (5)
- Die Presse,
der größte Versager, der es versäumt darüber angemessen zu informieren
(6)
- Akteneinsichtsanträge
bei Verwaltungen (7) u. a. Stuttgart
21
- Verwaltungsgerichte,
Verfassungsgericht (8) mit Verfahren Keim gegen Deutschland (und
am VG
München Keim gegen Bayern) in denen das Menschenrecht des
Informationszugangs gefordert wird
- Warum nimmt Deutschland nicht an der Open
Government Partnership teil (9), das gute
Informationsfreiheitsgesetze voraussetzt
(10).
Regierungsfraktionen im Bund und 5 Bundesländern ohne
Informationsfreiheitsgesetze antworteten entweder nicht oder hielten
Informationsfreiheitsgesetze und die Ratifizierung der Konventionen gegen
Korruption nicht für notwendig. Petitionen im Bund und 5 Bundesländern ohne
IFG schufen keine Abhilfe. Bedauerlicherweise ist also fast alles ignoriert
worden, außer dass die Rechtsexperten bei der Anhörung zum IFG des Bundes
erstmals erwähnten, dass der Zugang zu öffentlichen Dokumenten ein
Menschenrecht ist. Im Bund unterstützen nur die Oppositionsparteien
Verbesserungen und natürlich die Piratenpartei.
Dieses Verbesserungspotential könnte nicht ignoriert werden, wenn die Presse
die Wähler informieren und das verstärkt aufgreifen würde. Akteneinsicht ist
durch lange Wartezeit, Kosten und viele Ausnahmen begrenzt. Bei Stuttgart 21
blieben mehr als 20 Anträge auf
Informationszugang als Akt zivilgesellschaftlicher Notwehr um ein
bisschen Demokratie bei Stuttgart21 zu verwirklichen überwiegend erfolglos.
Aber nicht nur Bürgern wird der Informationszugang verwehrt: Die Grünen
kündigen an die Herausgabe der Angaben über Wirtschaftlichkeit notfalls über
eine Klage
vor dem Bundesverfassungsgericht zu erzwingen „Es ist eine
Unverschämtheit, dass Parlamentarier über Steuergelder in Milliardenhöhe
entscheiden, ohne entsprechende Daten zu haben“.
International wird der Zugang zu amtlichen Dokumenten als Menschenrecht
gemäß Internationalem Pakte über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR)
und der neuesten Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und Voraussetzung für
Demokratie angesehen. Trotzdem ignorieren Gerichte den
Menschenrechtscharakter des Informationszugangs.
"(W)ir (sind) an der Schwelle zu einem neuerlichen Entwicklungssprung in der
Verwaltung – getrieben durch Veränderungen, die für die Bürger und
Unternehmen längst normal sind. Diese Veränderungsbewegung nennt man Offene
Verwaltung oder Open Government" (10). Allerdings werden Vorschläge
internationalen Entwicklungen (11) bei Informationsfreiheitsgesetzen und
Open Government Partnership (9) von der Bundesregierung abgelehnt.
Aus internationaler Perspektive sind die CDU/CSU und die Presse die
Hauptverantwortlichen. Die CDU/CSU vertritt nicht die Interessen ihrer
Wähler sondern ist das trojanischen Pferd der
Bürokratie unter den Volksvertretern Parlament. Die Presse vernachlässigt
ihre Aufgabe ihre Leser über die Arbeit der Verwaltung und das Menschenrecht
des Informationszugangs zu informieren und dadurch die Wahl besserer
Volksvertreter zu fördern.
Im April 2012 hat das X. Ostsee NGO Forums mich eingeladen den Vortrag Die
Rolle internationaler Gesetzgeber und ihr Einfluss auf die nationale
Gesetzgebung über Informationszugang (12) zu halten in dem
vorgeschlagen wird, das Menschenrecht des Zugangs zu amtlichen Dokumenten in
Bayern mit Hilfe einer Verpflichtungsklage
durchzusetzen, Parallelberichte an das UN
Menschenrechtskomitee zu verfassen und an der Universellen
Periodischen Überprüfung durch die UN teilzunehmen. FOIAnet,
OSZE und
der UN
Special Rapporteur wurden gefragt das zu unterstützen.
Die Neue Rheinische Zeitung wurde ihrem Anspruch gerecht "Meldungen, die Sie
in den übl(ich)en Medien eher nicht finden" zu verbreiten und
veröffentlichte meine eigenen Beiträge:
Ich hoffe Sie bleiben am Ball.
Viele Grüße aus Norwegen
--
--
Walter Keim
Netizen: http://walter.keim.googlepages.com
UN Universal Periodic Review (UPR):
http://wkeim.bplaced.net/files/foi-upr-de.htm
Will OSCE Support the Human Right of Access to Information
in Germany by Commenting ATI Laws: http://t.co/GmQy9V0U
Is it possible to enforce access to information in Bavaria?
http://wkeim.bplaced.net/files/enforce_access_to_information.html
Anlagen:
- Wer wird Transparenz unterstützen?: http://wkeim.bplaced.net/if-ngo.htm
- Fragen mit Hilfe von Abgeordnetenwatch: http://wkeim.bplaced.net/files/120215fragen.html
- CDU ist das trojanisches Pferd der
Bürokratie im Parlament: http://wkeim.bplaced.net/files/120709bt.html
- Petitionen: http://wkeim.bplaced.net/petitionen-if.htm
- Wie wissenschaftlich ist die Rechtswissenschaft: http://wkeim.bplaced.net/files/120617foev.htm
- Presse versäumt ihre Aufgaben: http://wkeim.bplaced.net/files/120727pr.html
- Anträge auf Akteneinsicht: http://wkeim.bplaced.net/files/fg-material.htm#akteneinsicht
- Rechtssachen: http://wkeim.bplaced.net/files/fg-material.htm#rechtsprechung
- https://fragdenstaat.de/anfrage/dokument-das-nichtteilnahme-an-opg-begrundet
- Anke Domscheit-Berg (12.10.2010): Einmaleins des Government 2.0 - http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/einmaleins-des-government-2-0
- Anke Domscheit-Berg im Österreichischen Parlament (12.10.2011):
Internet und Demokratie –
http://www.gov20.de/internet-demokratie-rede-domscheit-berg/
- Die
Rolle internationaler Gesetzgeber und ihr Einfluss auf die nationale
Gesetzgebung über Informationszugang: http://wkeim.bplaced.net/files/informationszugang-ostsee.html
Antwort:
- 22.01.2013: Sofern es die Gelegenheit gibt, wird Cicero das Thema in
der ein oder anderen Form sicherlich weiterverfolgen – zumal die
Informationsfreiheit uns als Journalisten ja direkt betrifft.
Entwicklung:
[Informationsfreiheit] [Menschenrechtsverletzungen in Deutschland] [Patientenrechte
in Europa] [Petitionen] [Homepage]