Zugang zu Informationen der Behörden ist ein fundamentales Menschenrecht, das auf nationaler Ebene durch eine umfassende Gesetzgebung gewährleistet sein muss, die auf dem Prinzip der größtmöglichen Offenlegung basiert".
UN, OSZE und OAS Sonderbeauftragte für den Schutz der Meinungsfreiheit 2004

Englishin English: http://wkeim.bplaced.net/files/foi-eu.htm


Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, 1.9.2011

Commissioner for Human Rights                             Office of the OSCE Representative on Freedom of the Media
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Council of Europe                                                   A-1010 Wien
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EU unterstützt das Menschenrecht des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung nicht

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der MITTEILUNG DER KOMMISSION KOM (2002) 247 vom span lang="-de-DE">22.5.2002  verspricht die EU Kommission den "Raums der Freiheit" mit "Garantien für die Achtung (...) der Menschenrechte". Wird dadurch die Arbeid des Europarates und der OSZE für Menschenrechte in EU Mitgliedsstaaten überflüssig?

Das Menschenrecht der Informationsfreiheit (einschließlich des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung) ist in Art. 10 Europäische Menschenrechtskonvention (EKMR) und Art. 19 des Internationaler Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbürgR). Mehr als 90 Staaten weltweit mit mehr als 5,5 Milliarden Menschen sichern dieses Recht durch Informationsfreiheitsgesetze.

Im "General Comment No. 34 on Article 19 of the ICCPR (Internationaler Paktes über bürgerliche und politische Rechte), 2010" bestätigen die Vereinten Nationen, dass die Informationsfreiheit ein Menschenrecht ist  (Anlage 1)

18.     Article 19, paragraph 2 embraces a general right of access to information held by public bodies. Such information includes all records held by a public body, regardless of the form in which the information is stored, its source and the date of production. 

Artikel 2 des Vertrages über die Europäische Union lautet:

"Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte ." 

Artikel 10 der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte schützt die Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit einschließlich des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung. Der Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hat in den Rechtssachen Sdruženi Jihoceské Matky gegen Tschechische Republik, Antrag Nr. 19101/03 vom 10. Juli 2006GERAGUYN KHORHURD PATGAMAVORAKAN AKUMB v. ARMENIA: Antrag Nr. 11721/04 und EGMR Beschwerde Nr. 37374/05 TÁRSASÁG A SZABADSÁGJOGOKÉRT ./. Ungarn das Menschenrecht auf Informationszugang bestätigt. Der EGMR verweist in seinem Urteil zunächst darauf, dass das Sammeln von Informationen ein wesentlicher vorbereitender Schritt im Journalismus ist und damit unter den Schutz der Pressefreiheit fällt. Aber die Funktion des "public watchdog" oder "social watchdog" ist nicht auf die Medien beschränkt; auch die Aktiviäten zivilgesellschaftlicher Organisationen können einen ähnlichen Schutz rechtfertigen, wie er der Presse zukommt. In  der OSZE haben fast alle Staaen Informationsfreiheitsgesetze verabschiedet außer Andorra, Weißrussland, Zypern, dem Vatikan, Kasachstan, Luxemburg, Malta, Mona­co, San Marino, Spanien und Turkmenistan.

[Ca. 50 Staaten haben den Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung in der Verfassung verankert. Mehr als 115 Staaten (https://www.rti-rating.org/country-data/) mit mehr als 5,9 Milliarden Einwohnern haben entweder Informationsfreiheitsgesetz oder entsprechende Verfassungsbestimmungen.]

Nachdem der Bundestagspräsident am 22.12.04 meine Petition über Informationsfreiheit vom 21.12.01 an den Bundeskanzler zur Berücksichtigung übersandt hat wurde vom Bundestag ein Informationsfreiheitsgesetz beschlossen (wie von mir vorgeschlagen), obwohl die Bundesregierung dagegen war. Aber da ca. 2 Dutzend Petitionen in den Jahren 2001 bis 2011 an deutsche Parlamente nur teilweise erfolgreich waren und für 5 Bundesländer nicht zum Ziel führten, stellte sich die Frage: Unterstützt die EU Menschenrechte in Mitgliedstaaten? Auch 5 Verfassungsbeschwerden 1 BvR 1981/05, , 1 BvR 2565/05, 2 BvR 1033/07, 1 BvR 238/09 über Informationszugang waren erfolglos. Hier werden negative Antworten der EU Kommission und des Europäischen Parlaments dokumentiert.

Am 18.4.2002 wurde der Präsident der EU Kommission auf die fehlenden Informationsfreiheitsgesetze in Deutschland aufmerksam gemacht (Anlage 2). In der Antwort vom 8.5.2002 weisst die Kommission auf einen Gesetzesentwurf des Bundesregierung und Arbeiten des Europarates an einer Empfehlung über den Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung hin (Anlage 3). Dies wird am 24.5.2002 nochmals bestätigt. Am 11.7.2002 teilt das Europäische Parlament, das eine Kopie erhalten hatte, mit kein Möglichkeiten zu haben auf Deutschland einzuwirken. (Anlage 4).

Da das Informationsfreiheitsgesetz 2002 scheiterte wurde am 27.2.2004 der EU Kommission vorgeschlagen eine Direktive über Informationsfreiheit zu erlassen (Anlage 5). In seiner Antwort vom 23..2004 schreibt die Kommission, dass sie keine Handhabe hat die Informationsfreiheit in Mitgliedstaaten zu fördern und weist auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hin (Anlage 6). Der Europäischen Ombudsmann schlägt am 7.6.2004 vor den Europarat zu anzurufen (Anlage 7).

Am 5.5.2002 wurde dem Europäischen Konvent vorgeschlagen den Informationszugang in den EU Verträgen aufzunehmen. Am 5.7.2002 antwortete der Konvent und wies auf die öffentliche Diskussion hin. Der Entwurf Vertrag über eine Verfassung für Europa nahm den Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung in Mitgliedstaaten nicht auf.

Am 17.1.2005 teilt die EU Kommission erneut mit keine Möglichkeiten zu haben bezüglich Menschenrechtsverletzungen in Deutschland, die am 17.11.2004 dokumentiert wurden (Anlage 8). 

Am 14.7.2005 empfiehlt die EU Kommission eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (Anlage 9). Leider haben die Rechtssachen Keim ./. Deutschland: Antrag Nr. 41126/05, Keim (II) ./. Deutschland Antrag Nr. 31583/07 und Keim (III) ./. Germany Nr. 46953/09 über den Zugang zu Informationen der öffentlichen Verwaltung am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht zum Ziel geführt.

Am 10.12.2005 wurde eine Petition an das Europäische Parlament über Menschenrechtsverletzungen in Deutschland gestellt (Anlage 10). Das Europäische Parlament teilt am 16.1.2006 mit, die Petition nicht anzunehmen, da Menschenrechte nicht von der EU Gesetzgebung gedeckt sind (Anlage 11). Obwohl am 9.2.2006 auf den EU Vertrag hingewiesen wird (Anlage 12), hält das EU Parlament am 22.2.2006 an seiner ablehnenden Haltung fest (Anlage 13).

Das Europäische Netzwerk für Fundamentale Rechte teilt am 16.07.2006 mit, seine Arbeit einzustellen, da es nicht mehr finanziert wird (Anlage 14).

Die Europäische Agentur für Grundrechte (GRA) hat u.a. die Aufgabe der Beobachtung: "The Agency’s work focuses clearly on the situation of fundamental rights in the Union and its Member States". Deshalb wurde die GRA am 1. März 2006 über Menschenrechtsverletzungen in Deutschland informierrt. Die FRA teilte am 29.3.2007 mit nicht zuständig zu sein (Anlage 15).

Diese Mitteilungen der EU Kommission, des EU Parlaments, der Europäischen Agentur für Grundrechte (KOM(2005)) und des EU Ombudsmannes zeigen, dass die EU bezüglich des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung nichts unternimmt um dieses Menschenrecht in Deutschland zu fördern. Es wird auf den Europarat hingewiesen. Dies widerspricht dem Gedanken des "Raums der Freiheit" (KOM (2002) 247) mit "Garantien für die Achtung (...) der Menschenrechte" in Europa. Von Garantien kann keine Rede sein: Die EU beobachtet nicht einmal solche Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten. Dies zeigt, dass der Europarat und die UNO notwendig sind um die Einhaltung von Menschenrechten in der EU zu beobachten und auf Verbesserungen hinzuweisen.

Die Verbesserung des Informationszugangs ist auch deshalb wichtig, weil der Europarat 2009 schwere Mängel bei Korruptionsbekämpfung in Deutschland sah, [u. a wird Deutschland aufgefordert die Strafrechtsübereinkommen über Korruption SEV-Nr. : 173 des Europarates zu ratifizieren] (Anlage 16). Die UN Konvention gegen Korruption ist in mehr als 158 Staaten mit mehr als 6,5 Milliarden Einwohnern weltweit ratifiziert, aber nicht von Deutschland wegen ungenügender Bestimmungen der Korruption von ParlamentariernDie Staatengruppe gegen Korruption GRECO (Group of States against Corruption) des Europarates machte 2009 Vorschläge über die Transparenz der Parteienfinanzierung in Deutschland (Anlage 18). Der Bundestag lehnte 2011 (siehe Ausschussdrucksache 17(4)283 des Innenausschusses) die Abgabe einer Stellungnahme zum Evaluierungsbericht jeweils mehrheitlich mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP ab (Anlage 19).

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die EU keinen Einfluss bei Menschenrechtsverletzungen in Deutschland ausübt und das ausdrücklich dem Europarat und der OSZE überlässt. Zugang zu Informationen der öffentlichen Verwaltung ist wichtig für informierte Wähler, Pressefreiheit und damit einer modernen Demokratie im Informationszeitalter. Informationszugang für Wähler und Volksvertreter wird in der zivilisierten Welt als Vorraussetzung für Demokratie angesehen.

Mit freundlichen Grüßen

Walter Keim

Kopie Fundamental Rights AgencyOSCE, Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, Dr. Valentin AICHELE, Legal adviser, German Institute for Human Rights, Deutsches Instituts für Menschenrechte

 Anlagen im Internet publiziert:

    1.  Human Rights Committee - General Comment No. 34: http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrc/comments.htm 
    2. 18.04.2002: Brief an den Präsident der EU Kommission: http://wkeim.bplaced.net/020418eu.htm
    3. 08.05.2002: Antwort der EU Kommission: http://wkeim.bplaced.net/330166.htm
    4. 11.07.2002: Courrier Citoyen d'Europe teilt mit dass das EU Parlament keine Einwirkungsmöglichkeiten hat: http://wkeim.bplaced.net/files/020711eu.htm
    5. 27.02.2004: EU Direktive über Informationsfreiheit in Mitgliedsstaaten, z. B. Deutschlandhttp://wkeim.bplaced.net/files/eu-complaint.htm
    6. 23.03.2004: It is beyond the EU Commission's remit to take any form of action against member states: http://wkeim.bplaced.net/files/eu-040323.pdf
    7. 07.06.2004: The European Ombudsmann suggests to contact the Council of Europe: http://wkeim.bplaced.net/files/eu-040607.pdf
    8. 17.01.2005: EU Kommission hat keine Möglichkeit bezüglich Menschenrechtsverletzungen in Deutschland: http://wkeim.bplaced.net/files/eu-050127.pdf
    9. 14.07.2005; EU Kommission empfielt beim Europäischen Gerichtshof zu klagen: http://wkeim.bplaced.net/files/eu-050714.pdf
    10. 10.12.2005: Petition Europäisches Parlament:  http://wkeim.bplaced.net/files/petition-hr.htm
    11. 16. January 2006: EU/OSCE human rights principles are not yet covered by EU legislationhttp://wkeim.bplaced.net/files/060116eu.pdf
    12. 09. February 2006: Committe on petitions is ueless when it comes to human rights: http://wkeim.bplaced.net/files/060209eu.htm
    13. 22. Feb. 2006: "The European Parliament (has no) authority to interfere with national legislation of member States". "You may lodge an application with the European Court of Human Rights"http://wkeim.bplaced.net/files/eu-060222.pdf
    14. 16.07.2006: EU Network of Independent Experts on Fundamental Rights finishes in September 2006: http://wkeim.bplaced.net/files/eu-network-060616.htm
    15. 29.05.2007: Die Europäische Agentur für Grundrechte teilt mit nicht zuständig zu sein: http://wkeim.bplaced.net/files/eu-hra-070329.htm
    16. 09.12.2009: Handelsblatt: Europarat sieht schwere Mängel bei Korruptionsbekämpfung: http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/europarat-sieht-schwere-maengel-bei-korruptionsbekaempfung/3322546.html
    17. COM(2010) 573 final: The Charter of Fundamental Rights of the European Union applies primarily to the institutions and bodies of the Union (Article 51(1) of the Charter). Article 51(1) of the Charter also stipulates that the Charter applies to the Member States only when they are implementing Union law. It does not apply in situations where there is no link with Union law.
    18. 4. Dezember 2009, Evaluierungsbericht über Deutschland zur Kriminalisierung (SEV Nrn. 173 und 191, Leitlinie 2): http://www.coe.int/t/dghl/monitoring/greco/evaluations/round3/GrecoEval3(2009)3_Germany_One_DE.pdf
    19. Lobbypedia - GRECO: http://www.lobbypedia.de/index.php/GRECO

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    Anlage: Süddeutschland der Schandfleck bezüglich der Informationsfreiheit in Europa. Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün: Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. Access to Information Law = Informationsfreiheitsgesetz.

    Informationsfreiheitgesetze in Europa

     

    Konvention gegen Korruption

    UN Konvention gegen Korruption