Knowledge will forever govern ignorance, and a people who mean to be their own governors,
must arm themselves with the power knowledge gives. A popular government without popular
information or the means of acquiring it, is but a prologue to a farce or a tragedy or perhaps both.

-- James Madison

English in English: http://wkeim.bplaced.net/files/ifg-result.htm

Wann wird sich der Gedanken des "Raums der Freiheit" (KOM (2002) 247) mit "Garantien für die Achtung (...) der Menschenrechte" in Europa (Agentur der Europäischen Union für Grundrechte COM(2005)280 auch in Sachsen-Anhalt durchsetzen.

Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, den 23.1.2007


Landtag Sachsen-Anhalt
Petitionsausschuss
Domplatz 6-9
D-39104 Magdeburg


Betreff: Petition Nr. 5-I/113: Verbraucherinformationsgesetz und Verankerung des Menschenrechtes der Informationsfreiheit in der Verfassung   

Sehr geehrte Damen und Herren,  

die Informationsfreiheit macht das Verwaltungshandeln transparenter, indem Bürger Zugang zu behördlichen Dokumenten und Informationen bekommen. Die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürger werden gestärkt gemäß dem Leitprojekt des Programms Moderner Staat - moderne Verwaltung unter Berücksichtigung des Datenschutzes. Dieses Bürger- und Menschenrecht wird im Informationszeitalter als Teil der Demokratie verstanden und ist in über 70 Staaten der Welt z. B. auch in Brandenburg (Art. 21 (4)) in der Verfassung verankert.

Eines der wichtigsten Argumente für die Einführung der Transparenz staatlichen Handelns mit Hilfe der Informationsfreiheit ist das Vertrauen in den Staat zu stärkenMisstrauen kann abgebaut werden.

Das ist dringend notwendig, da die Deutschen ein "Volk ohne Vertrauen sind": 80 % Misstrauen gegenüber der Politik.

In Deutschland haben der Bund und 8 Bundesländer Informationsfreiheitsgesetze verabschiedet.

Im Bund wurde ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG) seit 1998 von den von der Wählermehrheit getragenen Koalitionsparteien versprochen. Durch den "Aufstand der Amtsschimmel" wurde die Ausarbeitung des Gesetzes 7 Jahre lang verzögert. Die Koalitionsparteien haben dieses Gesetz deshalb selber erarbeitet und am 17. Dezember 2004 (BT Drs. 15/4493) in den Bundestag eingebracht. Der Bundestagspräsident hat meine Petition über Informationsfreiheit nach 3 Jahren am 22.12.04 an den Bundeskanzler zur Berücksichtigung überwiesen. Am 3.6.05 wurde das Gesetz im Bundestag beschlossen (Plpr 15/179). Dieses Gesetz ist nur für die Bundesverwaltung und daher nicht zustimmungspflichtig. Am 8.6.05 hat der Bundesrat keinen Einspruch gegen dieses Gesetz erhoben, das am 1.1.2006 in Kraft trat. Damit hat sich Deutschland im Bund (wegen zahlreicher Ausnahmen) vom letzten auf den vorletzten Platz in der zivilisierten Welt verbessert. In der Petition 1-15-06-10000-037433 vom 7.9.05 habe ich deshalb die Verankerung des Zugangs zu Informationen der Verwaltung im Grundgesetz vorgeschlagen.

Artikel 10 der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte schützt die Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit. Der Europarat hat 1981 seinen Mitgliedsstaaten die Empfehlung (81) 19 des Europarates zur Informationsfreiheit gegeben. Eine neue Empfehlung Recommendation Rec(2002)2 wurde 2002 beschlossen. Im Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, Fünfte Sektion), Rechtssache Sdruženi Jihoceské Matky gegen Tschechische Republik, Antrag Nr. 19101/03 vom 10. Juli 2006 (Anlage 3) wurde das Menschenrecht auf Informationszugang bestätigt. Auch die Rechtssache GERAGUYN KHORHURD PATGAMAVORAKAN AKUMB v. ARMENIA: Antrag Nr. 11721/04 (Anlage 4) vom 11. April 2006 bestätigt diese Rechtsprechung. Mit der Rechtssache Keim gegen Deutschland beim europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Antrag Nr. 41126/05 versuche ich Deutschland auf den rechten Weg zu bringen. Artikel 46 (1) der EKMR lautet: "Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen."

Die Bindungswirkung des EGMR erstreckt sich nach der Entscheidung BVerfG 2 BvR 1481/04 des Verfassungsgerichtes (Punkt 3) auf alle staatlichen Organe:  "Die Bindungswirkung einer Entscheidung des EGMR erstreckt sich auf alle staatlichen Organe und verpflichtet diese grundsätzlich, im Rahmen ihrer Zuständigkeit und ohne Verstoß gegen die Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) einen fortdauernden Konventionsverstoß zu beenden und einen konventionsgemäßen Zustand herzustellen." Damit haben sowohl der Petitionsausschuss, die Regierung und der Landtag eine verfassungsrechtlich begründete Pflicht, sich mit der Rechtsprechung des EGMR bezüglich des Menschenrechts der Informationsfreiheit auseinanderzusetzen.

Deshalb fordere ich, dass diese Petition - der Regel und nicht der Ausnahme folgend - der Regierung zur Kommentierung gesendet wird.

Der Präsident des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), Luzius Wildhaber, hat Deutschland zur Umsetzung der Straßburger Urteile ermahnt: Deutschland solle sich "näher mit dem System der Menschenrechtskonvention befassen", sagte Wildhaber am 8.12.06 im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Es gebe offensichtlich "einige Wissenslücken", auch bei deutschen Richtern, betonte der 69-jährige Schweizer, der den Straßburger Gerichtshof im Januar aus Altersgründen verlassen wird. Wildhaber verwies auf Artikel 46 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Darin sei unmissverständlich festgelegt, dass die Unterzeichnerstaaten die endgültigen Urteile des Gerichtshofs "befolgen" müssen. Der Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung ist nach der neuesten Rechtsprechung des EGMR ein Menschenrecht.

Die Informationsfreiheit (einschließlich des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung) ist Teil der Meinungsfreiheit und auch durch international anerkannte Menschenrechte speziell des Artikel 19 des Internationaler Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbürgR, BGBl. 1973 II S. 1534) geschützt. Diesem Pakt ist Deutschland beigetreten, verletzt ihn aber bisher in 8 Bundesländern.

In ca. 70 Staaten ist der Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung in der Verfassung verankert. Weitere ca. 30 Staaten haben dieses Menschenrecht gesetzlich verankert. Damit haben ist diese Menschenrecht in mehr als die Hälfte der Staaten in der Welt realisiert und das gemäß Art. 59 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechts ist.

Die UN, OSZE und AOS bestätigten in ihrer gemeinsamen Erklärung vom 6.12.2004, dass der Zugang zu amtlichen Dokumenten ein Menschenrecht ist:

The right to access information held by public authorities is a fundamental human right which should be given effect at the national level through comprehensive legislation (for example Freedom of Information Acts) based on the principle of maximum disclosure, establishing a presumption that all information is accessible subject only to a narrow system of exceptions.

Ich begrüße, dass die OSZE sich auf die Informationsfreiheit konzentriert und alle OSZE Staaten einschließlich Deutschland beobachten wird. Auch der Europarat wird im Zusammenhang mit einem Besuch des Menschenrechtsbeauftragten in Deutschland im Jahre 2005 und eines Surveys über Informationsfreiheit Deutschland beobachten. Der Europarat hat außerdem die Empfehlung Rec (2002) 2 des Ministerausschusses an die Mitgliedstaaten zum Zugang zu amtlichen Dokumenten (Anlage 7) gegeben und arbeitet an einer bindenden Konvention über die Informationsfreiheit. Auch die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE), die International Helsinki Federation for Human RightsFOIAdvocates, Access Info Europe, ARTICLE 19 und die Open Society Justice Initiative beobachten Deutschland bezüglich des Menschenrechts der Informationsfreiheit.

Alle diese Organisationen stehen dem Landtag bei ein Verbraucherinformationsgesetz zu erarbeiten, falls die Regierung sich (wie im Bund) verweigert.

In Schleswig-Holstein haben die 2 Abgeordneten der dänischen Minderheit trotz der Untätigkeit der Regierung schließlich eine Mehrheit dafür bekommen. Auch in Berlin, im Bund und in Hamburg wurde trotz des Widerstandes der Verwaltung und der Regierungen die Informationsfreiheit durch das Parlament beschlossen. Warum lange noch verweigern Sie den Deutschen in Ihrem Bundesland dieses Grund- und Menschenrecht?

Die "Volksstimme" vom 13.5.2006 berichtet: "Berliner Journalist verklagt das Land Sachsen-Anhalt auf Herausgabe von Informationen: Uran im Mineralwasser? Ministerium hält Daten geheim", von Winfried Borchert (Anlage 2). Sowohl Baden-Württemberg als auch Nordrhein-Westfalen haben entsprechende Anfragen beantwortet. Eine Erhebung des Bundesinstituts für Risikoabschätzung ( BfR ) hat viele Proben gefunden, die mehr als 15 Mikrogram je Liter aufwiesen. Dabei geht es um die Suche nach Quellen, die bis zu 71 Mikrogramm je Liter Werte erreichen. Was hat Sachsen-Anhalt zu verbergen, dass beim Verwaltungsgericht Steuergelder verplempert werden, um gegen Bürgerrechte zu prozessieren? Der in der "Volksstimme" vom 13.5.2006 berichtete unverfrorene Gesetzesbruch, die EU-Richtlinie gelte nicht in Sachsen-Anhalt ist schon ein starkes Stück. foodwatch gewann Prozess um Uran im Mineralwasser (Verwaltungsgericht Magdeburg Az. 5 A383/05 MD), der am 5.9.06 rechtskräftig wurde.

Hier wurden also Steuergelder verschwendet um zu versuchen Bürger das Menschenrecht der Informationsfreiheit zu beschneiden. Die Verankerung des Zugangs zu Informationen der öffentlichen Verwaltung in der Verfassung wird solche menschenrechtsfeindlichen Umtriebe in Zukunft verhindern.

Der Bundespräsident hat die Ausfertigung des Verbraucherinformationsgesetzes des Bundes verweigert, da Art. 84 I 7 GG ein Verbot für den Bund enthält, durch Bundesgesetz Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben zur Verpflichtung zur Informationserteilung zu übertragen. Deshalb sind nun die Länder gefordert "den berechtigten Belangen des Verbraucherschutzes sehr schnell" durch Verabschiedung von Verbraucherrechten auf Länderebene zu sichern. Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund sieht jetzt die Länder am Zug. Es werde ihre Aufgabe sein, den Informationsanspruch für die Verbraucher gesetzlich zu verankern, sagte Geschäftsführer Gerd Landsberg. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Hans-Günter Henneke, sagte der «Passauer Neuen Presse» (Samstag): «Das ist keine Entscheidung gegen den Verbraucherschutz, sondern eine Entscheidung für klare Verantwortlichkeiten im Bundesstaat.» «Die Städte bekennen sich zu den berechtigten Belangen des Verbraucherschutzes (...). Aber sie können es nicht hinnehmen, wenn der Bundesgesetzgeber die Neuregelung durch die Föderalismusreform ignoriert, wonach der Bund den Kommunen Aufgaben nicht mehr direkt übertragen darf», erklärte Städtetags-Hauptgeschäftsführer Stephan Articus in Berlin.

Damit ist auch das Land Sachsen-Anhalt gefordert die berechtigten Belange des Verbraucherschutzes der Bürger gesetzlich zu schützen und ein Verbraucherinformationsgesetz zu erlassen.

Überall in Europa zuletzt in Nordrhein-Westfalen (2001 mit den Stimmen der CDU), der Türkei (2003), Schweiz (2004), Serbien (2004), Bremen (2006), Hamburg (2006) und Saarland (2006) haben auch konservative Parteien bei der einstimmigen Verabschiedung mitgewirkt und zumindest nicht gegen das Bürger- und Menschenrecht der Informationsfreiheit gestimmt.

Im Artikel 20 GG steht: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus" und die "vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an" (das von der gewählte Volksvertretung beschlossene) "Gesetz und Recht gebunden". Damit ist auch in Deutschland eine Demokratie europäischen Typs möglich, wenn die Abgeordneten nur wollen und sich getrauen.

Mit freundlichen Grüßen  

Walter Keim

Kopie: Deutscher Presserat (Ist der Handlungsbedarf zu übersehen?), EU Commission, EU Parliament, EU Council, Council of Europe, OSCE, OECD, PACE, International Helsinki Federation for Human Rights, ECHR und UN

Entwicklung:

 

Tabellarische Übersichten:

Europarates zur Informationsfreiheit:

Organisation Name mit Link Über-
setzung
Europarat, 4.11.1950 Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte (BGBl. 1952 Teil II S. 685): Artikel 10: Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit English
Parlamentarische Versammlung, 1979 Empfehlung Nr. 854 (1979) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates betr. den Zugang der Öffentlichkeit zu Regierungsunterlagen und die Informationsfreiheit: http://wkeim.bplaced.net/files/empf_854_1979.htm English
Europarat, 1981 "Recommendation No. R (81) 19" on the access to information held by public authorities.  
Parlamentarische Versammlung, 1986 Recommendation 1037 (1986). On Data Protection and Freedom of Information  
Europarat, 2002 Empfehlung Rec (2002) 2 des Ministerausschusses an die Mitgliedstaaten
zum Zugang zu amtlichen Dokumenten
: http://www.fr.ch/ofl/de/cst2004/empf_2002_2.pdf
Englisch
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, 2006 Rechtssache Sdruženi Jihoceské Matky gegen Tschechische Republik, Antrag Nr. 19101/03 vom 10. Juli 2006 English
Europarat, 2006 Arbeit an bindender Konvention. CDDH: Project 2004/DG2/74 “Guaranteeing the right of the public to have access to official documents”: http://wkeim.bplaced.net/files/project_2004dg274.htm  

 

Vereinte Nationen (UN) und UNECE

Organisation Name mit Link Über-
setzung
Generalversammlung, 10.12. 1948 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte: Artikel 19: ...Freiheit ... "Informationen (...) zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten." English
Vereinte Nationen, 1966 Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. (BGBl. 1973 II S. 1534) Artikel 19: Freiheit ... "Informationen (...) sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben." English
Europa UNECE, 1998 United Nations Economic Commission for Europe: Umweltschutz: Die Aarhus Konvention: http://www.unece.org/env/pp/acig.htm English
COMMISSION ON HUMAN RIGHTS, 1998 E/CN.4/1998/40, 28 January 1998: Promotion and protection of the right to freedom of opinion and expression Report of the Special Rapporteur, Mr. Abid Hussain, submitted pursuant to Commission on Human Rights resolution 1997/26: III A  
COMMISSION ON HUMAN RIGHTS, 2000 E/CN.4/2000/63, 18 January 2000: Report of the Special Rapporteur on the promotion and protection of the right to freedom of opinion and expression, Mr. Abid Hussain, submitted in accordance with Commission resolution 1999/36: III B  
UN Special Rapporteur, 2004 JOINT DECLARATION by the UN Special Rapporteur on Freedom of Opinion and Expression, the OSCE Representative on Freedom of the Media and the OAS Special Rapporteur on Freedom of Expression: http://merlin.obs.coe.int/iris/2005/2/article1: "The right to access information held by public authorities is a fundamental human right"  

 

Anlagen:

  1. Keim gegen Deutschland Antrag Nr. 41126/05 beim EGMR: http://wkeim.bplaced.net/files/echr-061101.htm  
  2. 16.5.06: Brief an Sozialministerium: http://wkeim.bplaced.net/files/060516sa.htm, http://www.volksstimme.de/vsm/nachrichten/meinung_und_debatte/kommentar/?em_cnt=87173&
  3. 10. July 2006: Sdruženi Jihoceské Matky v. Czech Republic, Application no. 19101/03, Decision of  ECHR (Admissibility). Access to information. http://wkeim.bplaced.net/files/echr-19101-03.htm
  4. 11. April 2006: GERAGUYN KHORHURD PATGAMAVORAKAN AKUMB v. ARMENIA: Application no. 11721/04.  ECHR decision to communicate freedom to receive information case to Armenia.
  5. 08.12.2006: Brief des Bundespräsidenten an Bundeskanzler, Bundesrat und Bundestag.
  6. Frankfurter Neue Presse: 09.12.2006: Köhler-Veto: Hoffnung auf neues Verbraucher-Informationsfreiheitsgesetz
  7. Empfehlung Rec (2002) 2 des Ministerausschusses des Europarates an die Mitgliedstaaten zum Zugang zu amtlichen Dokumenten: http://www.fr.ch/ofl/de/cst2004/empf_2002_2.pdf

Antwort:

 

 

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