Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, den 25.10.2001
An den Petitionsausschuss des
Landtages von Baden-Württemberg
Haus des Landtages
Konrad Adenauer Str. 3
D-70173 Stuttgart
Petition 13/598: Rechtlosigkeit der Patienten gegenüber
Ärzten im außergerichtlichen (vorgerichtlichen) Bereich
Sehr geehrter Herr Haas,
mit Bezug auf Artikel 17 GG (Beschwerderecht) und meine Klagen
bei der Ärztekammer 17.9.00, 8.4.01 und 2.6.2001, beim Sozialministerium vom 9.5.01, 18.6.01, 28.9.01 und 26.10.01, beim Innenministerium 19.7.00, 20.7.00, 4.10.00 und 1.5.01
betreffend Einsicht in Patientenunterlagen, Berichtigung falscher
Angaben und Berufsaufsicht der Ärzte richte ich folgende
Petition Patientenrechte gegenüber Ärzten betreffend. Diese
Petition betrifft folgende Rechte (im Folgenden: "diese
Rechte" genannt) im Bereich Arzt-Patientverhältnis:
1. Recht auf Akteneinsicht ohne berechtigtes Interesse geltend
machen zu müssen.
2. Recht auf Rechtsbelehrungen/Klagebehelfsbelehrungen und
Information über eigene Rechte.
3. Recht an eine übergeordnete oder unabhängige Stelle zu
klagen.
4. Recht auf Antworten auf Klagen innerhalb angemessener Zeit.
5. Berichtigung von Fehlern in Krankenakten
Bitte überzeugen Sie sich selbst anhand des norwegischen
dass in einem zivilisierten Staat diese Rechte auch gegenüber Ärzten gewährt werden. Übersetzte Auszüge von Gesetzen sind diesem Brief beigelegt. Das zeigt auch diese Übersicht für andere Staaten: http://wkeim.bplaced.net/patients.htm.
Auch in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist die Akteneinsicht in Artikel 41 (2), das kostenlose Klagerecht in Artikel 43 (Ombudsmann), das Recht auf begründete Antworten innerhalb angemessener Zeit in Artikel 41 (1) gesichert. Active Citizenship Network hat diese Grundrechte für den Bereich der Patienten in der European Charter of Patients Rights konkretisiert.
Gegenüber der AOK sichert die Sozialgesetzgebung diese
Rechte: Akteneinsicht nach § 25 Abs. SGB X, Beratungspflicht
nach § 7 SGB XI und § 14 SGB I, umfassende und schnelle
Gewährung nach § 17 SGB I und Berichtigung Löschung und
Sperrung von Daten nach § 84 SBG X. Weiter gibt es
Klagemöglichkeiten durch kostenlose Sozialgerichtsverfahren mit
Vorverfahren in AOK Widerspruchsausschüssen nach SGG.
Gegenüber Ärzten gelten Rechte 2. und 4. nicht, 1.
eingeschränkt und 3. und 5. nur auf dem Papier. Ärzte stehen
gewissermaßen "über" diesen Pflichten, ein
unzeitgemäßer Anachronismus, sowohl im nationalen Vergleich mit
anderen Berufsgruppen als auch mit ausländischen Patienten und
Ärzten im internationalen Vergleich.
Die skandalöse Entscheidung der Bezirksärztekammer
Nordwürttemberg vom 23.10.00
am 16.6.01 nur teilweise revidiert (Der Arzt wird gebeten
Einsicht in die Krankenakten zu gewähren) vom der Ärztekammer
Baden-Württemberg zeigt, dass die Patienten im vorgerichtlichen
Bereich in Deutschland (im Gegensatz zu Skandinavien und
deutschen Gerichtsverfahren) völlig rechtlos sind. Der Arzt hat
die Bitte um Einsicht in die vollständigen objektiven
Krankenakten und Berichtigung abgelehnt. Als Antwort werden die
unvollständigen Krankenakten als vollständig erklärt und
mitgeteilt: "... dass ... alle vorliegenden objektiven
Unterlagen zur Verfügung stehen". An die Landesärztekammer
schreibt der Arzt: "Weitere Anschreiben .. werde ich nicht
beantworten." Ein Einschreibebrief vom 30.6.01 wurde bereits
ungeöffnet zurückgeschickt.
Hier wird dokumentiert, dass der Volksmund Recht hat, dass einen
Krähe der anderen kein Auge aushackt. Nicht nur, dass man nicht
Recht und keine Unterstützung von der Ärztekammer bekommt,
zusätzlich schreibt die Bezirksärztekammer Persilscheine für
Ärzte indem Angehörigen ihr Wort und Briefe auf den Kopf
gestellt werden um Ärzten aus der Patsche zu helfen. Das
Sozialministerium Baden-Württemberg hat am 16.10.01 darauf
hingewiesen, dass "die Landesärztekammer bereits umfassend
Stellung genommen hat". Außerdem findet eine Fachaufsicht
in Selbstverwaltungsahngelegenheiten nicht statt. Dass objektive
Unterklagen noch fehlen wird nicht wahrgenommen. Patientenrechte,
die nicht in der Berufsordnung vorkommen werden ignoriert und
damit das Beschwerderecht nach GG Artikel 17 missachtet. Um die
eigene Untätigkeit plausibel erscheinen zu lassen wurde
zusätzlich die Klage falsch dargestellt und die Rechtsaufsicht
nach § 8 des Heilberufsgesetzes nicht ausgeführt.
Zwar haben sowohl das Sozialministerium (22.5.01 und 13.6.01) als auch das
Innenministerium (16.8.00 und 12.12.00) sich sehr bemüht,
sind aber leider beide machtlos, wie der Brief vom 16.10.01 zeigt. Das
Innenministerium als Aufsichtsbehörde des Datenschutzes im
nichtöffentlichen Bereich schreibt: "Wenn ein Arzt seine
Patientenakten nach dem Ordnungskriterium des Namens in einer
Aktensammlung, sei es in Papierform oder im Praxis-PC,
aufbewahrt, wie allgemein Praxis, so verarbeitet er keine
Patientendaten in Dateien im Sinne des BDSG, die Rechtsfolge ist,
dass das BDSG für ihn nicht gilt. Der Arzt ist ... verpflichtet,
die Behandlung zu dokumentieren. Diese Dokumentation, ein
personenbezogenes Datum des Patienten im Eigentum des Arztes, ...
ist eine Akte. ... Da das BDSG für Akten nicht gilt, kann auch
keine Einsichtnahme oder Berichtigung auf der Rechtsgrundlage dieses
Gesetzes verlangt werden... Die Aufsichtsbehörde ... trifft
gutachterlichte Feststellungen. Auch besteht kein Rechtsanspruch
auf Einschreiten der Aufsichtsbehörde"
Im § 2 (4) der ärztlichen Berufsordnung dürfen Ärzte "hinsichtlich ihrer ärztlichen Entscheidungen keine Weisungen von Nichtärzten entgegen nehmen". Damit erheben Ärzte sich selber zu Halbgöttern in Weiß, was natürlich der Selbstbestimmung des Patienten nach Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes entgegen steht, das heißt also der Arzt muss diese Selbstbestimmung nur dann respektieren, wenn der Patient auch ein Arzt ist. Für Krankenakten auf Datenträgern in Krankenhäusern gilt das Bundesdatenschutzgesetz BDSG. Die darin enthaltene informationelle Selbstbestimmung (Einsicht in alles auch subjektive Wertungen, Recht auf Löschung, Berichtigung und Gegendarstellung) kommen in der ärztlichen Berufsordnung nicht vor und wird ignoriert. Der Gesetzgeber hat als Nichtarzt den Ärzten gewissermaßen keine Vorschriften zu machen, wenn was nicht in ihr paternalistisches Weltbild passt. Die Solidargemeinschaft der Versicherten finanziert das teuerste Gesundheitswesen pro Kopf in der EU (ca. 550 Milliarden Mark jährlich), aber bei der Qualität der Leistungen landet Deutschland im Vergleich mit anderen EU Staaten im unteren Drittel: http://www.vz-nrw.de/SES79823442/doc1293A siehe auch das Jahresgutachten des Sachverständigenrates 2000/2001: http://dip.bundestag.de/btd/14/068/1406871.pdf, siehe auch World Health Report 2000: Platz 25. Wo bleibt das Geld, das nicht bei den Patienten als Leistung ankommt? Mit diesem Geld werden unter anderem die Ärztekammern finanziert. Dort werden für die Behandlung von Patientenbeschwerden Juristen angestellt. Wie praktisch: den Ärzten haben sie als Nichtärzte nichts zu sagen, sie können aber durch vordemokratische Privilegien (z. B. keine Einsicht in ihre Machenschaften) und finanzielle Ressourcen einfach berechtigte Patientenbeschwerden abweisen. Wie können denen hoheitliche Aufgaben übertragen werden?
Es mag "Rechtens" sein, aber ist es zweckmäßig Aufsichtsbehörden (Sozialministerium, Innenministerium) zu bezahlen aber keinerlei Macht zu geben? Eine unabhängige Beschwerdestelle fehlt, die Bescheide der Landesärztekammer sind "unanfechtbar". Damit können in Deutschland nur die ca. 1 %, die ein Gerichtsverfahren anstrengen in den Genuss dieser Recht kommen, die in Norwegen allen zustehen. Das Berichtigungsrecht ist sehr eingeschränkt, verglichen mit Norwegen. Außerdem sind subjektive Urteile der Ärzte (sogar in Gerichtsverfahren) von der Einsicht ausgenommen, was gegen Artikel 19 der Menschenrechtserklärung der UNO und Artikel 10 des Übereinkommens über Menschenrechte und Biomedizin: http://book.coe.fr/conv/de/ets/164-de.htm#A-10 ("Everyone is entitled to know any information collected about his or her health") verstößt. Deutschland ist dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte: http://www.admin.ch/ch/d/sr/0_103_2/ beigetreten und verletzt damit die im Artikel 19 Absatz (2) enthaltene Informationsfreiheit.
Der Europarat hat in der "Recommendation Rec (2000) 5
Health and Quality of life": http://www.social.coe.int/en/qoflife/recomm/R(00)5.htm
empfohlen die Patienten und ihre Organisationen an den
Entscheidungen und der Durchführung der Gesundheitsfürsorge zu
beteiligen. Unter andrem verletzt Deutschland das Recht des
Punktes 15 auf individuelle Klagen an unabhängige Organe. Auch
die Fünfte Konferenz der europäischen Gesundheitsminister in
Warschau am 7- 8 November 1996 "Patients' rights and
Patients choice": http://www.social.coe.int/en/qoflife/publi/warsaw.htm
wünschte die Stärkung der Patientenrechte.
Der Landesgesetzgeber hat den Verfassungsauftrag der Neuordnung
des Lebens nach demokratischen Regeln, (was Akteneinsicht,
Rechtsbelehrungen, Recht auf Antworten und Berichtigung angeht)
nicht ausgeführt und ich fordere ihn deshalb auf das
nachzuholen.
Die Gesetzgeber in Nationalstaaten ist souverän und frei.
Genauso wie die skandinavischen Gesetzgeber bestimmen konnten
dass 100 % ihrer Bürger diese Rechte bekommen, können deshalb
natürlich deutsche Gesetzgeber 99% ihrer Bürger (diejenigen die
nicht vor Gericht ziehen) davon ausschließen. Aber bei der
völligen Rechtlosigkeit im vorgerichtlichen Bereich gegenüber
Ärzten, sich selber als vorbildlichen Rechtsstaat zu feiern ist
vor diesem Hintergrund ein schlechter Witz
Ich kritisiere also das völlige Versagen des/der Gesetzgeber im
Bereich der Ärzte selbstverständliche Patientenrechte
gesetzlich zu sichern.
Diese Petition ist ein offener Brief im Internet unter der
Adresse: http://wkeim.bplaced.net/petition3.htm
publiziert, wo auch die Antwort hinkommt.
Mit freundlichen Grüßen
Walter Keim
Kopie: Petitionsausschuss des Bundestages
Ältere Entwürfe, Version: 0.0, 0.1, 0.2, 0.3, 0.4, 0.5, 0.6, 0.7, 0.8
Diese Internetpublikation ist auch ein "Hearing": Gerne
nehme ich Kommentare entgegen: walter.keim@gmail.com
Anhang: Arzt
muss Ablehnung in subjektive Unterlagen begründen
Patientenschutzgesetze
in Europa: http://home.broadpark.no/~wkeim/patienten.htm
Norwegische Gesundheitsgesetze: http://wkeim.bplaced.net/no_gesetze.htm:
Heilberufsgesetz:
http://wkeim.bplaced.net/heilberufsgesetz.htm
Verwaltungsgesetz:
http://wkeim.bplaced.net/verwaltungsgesetz.htm
(gilt auch für Klagen im Gesundheitsbereich)
Patientenrechtsgesetz:
http://wkeim.bplaced.net/patientenrechtsgesetz.htm
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Beschluss des Landtages von Baden-Württemberg
Der 13. Landtag von Baden-Württemberg hat in seiner 22.
Sitzung am 7.3.2002 beschlossen:
Der Petition 13/598 wird, nachdem auf die Sach- und Rechtslage
umfassend eingegangen wurde, für erledigt erklärt. Ansonsten
kann der Petition nicht abgeholfen werden.
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Der Beschluss des Landtages von Baden-Württemberg 7.3.2002 in pdf Format.
Der Petitionsausschuss lehnte die Einsicht in den Schriftwechsel ab. Das Sozialministerium verneinte gesetzgeberischer Handlungsbedarf gab aber Einsicht in den Schriftwechsel mit dem Petitionsausschuss. Die Antwort des Sozialministeriums dokumentiert, dass der Petitionsausschuss nur abschreibt.
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Unterstützt die Stärkung der Patientenrechte, mit
folgender Email an das Sozialministerium Baden-Württemberg,
Abteilung 5: Gesundheitswesen (hier klicken):
Ich unterstütze die Stärkung der Patientenrechte und bitte das
in der Landesgesetzgebung zu berücksichtigen. Im Rahmen der
Gesundheitsversorgung hat die Landesregierung die
Aufgabenbereiche gesundheitlicher Verbraucherschutz,
öffentlicher Gesundheitsdienst und Gesundheitsinformationen zu
den unterschiedlichsten Themenbereichen. Die Regelungen zum
Patientenschutz sind bisher unübersichtlich in vielen
(Bundes-)Gesetzen und Gerichtsentscheidungen verstreut und für
den Patienten schwer zu handhaben. Deshalb unterstützen viele
Beteiligte Bestrebungen, die Rechte des Patienten einheitlich und
übersichtlich in einem Patientenschutzgesetz zu regeln. Dies
würde zur Rechtsicherheit aller Beteiligten im Gesundheitswesen
beitragen.
(Natürlich kann dieser Text im Email Programm beliebig geändert
und ergänzt werden).
PS: Auf diese Seite können Sie gerne linken. Ich übernehme
keine Gewähr für die Richtigkeit der von mir gegebenen
Informationen.
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