Knowledge will forever govern ignorance, and a people who mean to be their own governors,
must arm themselves with the power knowledge gives. A popular government without popular
information or the means of acquiring it, is but a prologue to a farce or a tragedy or perhaps both.

-- James Madison

Frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht. (Präambel der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft)

 

Einschreiben

Walter Keim
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, Trondheim, den 28.9.06
 

An den Petitionsausschuss des
Landtages von Baden-Württemberg
Haus des Landtages
Konrad Adenauer Str. 3
D-70173 Stuttgart

Petition 14/438: Der vordemokratische Obrigkeitsstaat in Aktion: Falsche Hinweise auf Anträgen und Bescheiden. Hinweispflicht sei erfüllt, wenn der Hinweis 30 Jahre zurückliegt deshalb hat der zum Untertan erniedrigte Antragsteller den Schaden zu tragen

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

span lang="-de-DE" style="color: black">meine (...) ist 93 Jahre alt und (...), deshalb hat sie mir durch eine Vollmacht übertragen ihre Interessen zu vertreten. Mein Vater ist am 3. Juli 1976 verstorben und hat das Wissen um die BhV (Beihilfevorschriften des Bundes) mit ins Grab genommen. (...) war bei der AOK kranken versichert und hat meines Wissens nie die BhV benützt. Ich bin 1982 nach Norwegen ausgewandert und (...) hat mir, als ich sie besuchte nie etwas über die BhV erzählt.

Ein Antrag auf Beihilfe für 2 Monate Pflege (ca. € 1600.-) wurde am 23.8.06 abgelehnt. Eine Nachfrage vom 1.9.06 ergab, dass der Anspruch nach einem Jahr erloschen war. Eine weitere Nachfrage am 6.9.06 nach dem Grund dafür ergab, dass die Bundes-BhV zugrunde gelegt wurde.

span lang="-de-DE">Der Antrag auf Beihilfe, den die LBV zusendet, verweißt auf die Internett Seite des LBV. Dort ist unter „Service/Beihilfeverordnung“ http://www.lbv.bwl.de/service/beihilfeverordnung/ nur die Landes-BVO zugänglich, mit der Möglichkeit Rechnungen des vergangenen Kalenderjahres einzureichen, also fast 2 Jahre am Ende eines Jahres. Die Bundes-BhV ist auf der Seite des LBV nicht ausgelegt. Bei Anträgen sind gemäß § 17 BhV (1) „die vom Bundesministerium des Innern herausgegebenen Formblätter zu verwenden“. Diese Formblätter (Formblatt 6) enthalten einen Hinweis auf das BhV und werden nicht vom LBV benutzt, wo der Hinweis auf  eine Beihilfeordnung fehlt und durch den Hinweis auf die Internet Seite ersetzt ist. Damit hat die LBV gegen eine ihr durch Rechtsvorschrift auferlegte Hinweispflicht gehandelt und damit gegen Treu und Glauben verstoßen (siehe VG Sigmaringen Urt. vom 26. April 2006, Az.1 K 470/05).

Ich habe das LBV am 6.9.06 auf seine Hinweispflicht aufmerksam gemacht, und darüber informiert, dass ich nie, weder auf Anträgen, Bescheiden oder Informationsbroschüren auf die BhV wurde. Ganz im Gegenteil: Auf den Bescheiden wird der § 17 Abs. 2 Satz 3 BVO herangezogen. Weiter wird bezüglich "Informationen zum Thema Beihilfe" auf die Internetseite www.lbv.bwl.de hingewiesen.

Daraufhin bekam ich am 20.9.06 die Antwort, dass „mangelnde Rechtskenntnis immer zu Lasten des Antragstellers geht, da geltendes Recht immer als allgemein bekannt vorausgesetzt". Deshalb wurde an der einjährigen Frist des BhV festgehalten. Ich verstehe es so, dass das LBV meint 1976, beim Tode meines Vaters über die BhV informiert zu haben und das reicht. Anstatt einzusehen, dass es hier am Platz ist Vernunft zu zeigen und diesen Informationsmangel durch Verbesserung zu beheben war und dem Widerspruch stattzugeben, wird angefragt, ob der Widerspruch zurückgenommen wird und die Rechnungen werden zurückgeschickt. Man macht weiter wie vorher, hofft einige Berechtigte um ihre Ansprüche zu bringen und beschäftigt sich selber falls der Widerspruch aufrecht erhalten wird mit sinnlosem bürokratischen Unsinn.

Zunächst ist es eine völlig überflüssige bürokratische Verordnungsproduktion, dass Baden-Württemberg eine eigene Beihilfeordnung erlässt. Viele Bundesländer haben die BhV übernommen. Warum soll die Fristen verschieden sein? Wenn aber schon die Fristen verschieden sind ist es ein (schlechter) Witz, dass sich das LBV mit einer Information die mehr als 30 Jahre lang zurück liegt versucht zu exkulpieren. Muss man sich so was bieten lassen?

Wo bleibt die Bürgerfreundlichkeit? Dass bei dieser Sachlage "geltendes Recht immer als allgemein bekannt vorausgesetzt" wird, ist ein lebensfernes Hirngespinst. Warum folgt die Bürokratie solchen die eigenen Fehler rechtfertigenden Ungerechtigkeiten? Haben Bürokraten überhaupt keinen Verstand?

Warum lassen sich die Schwaben sich so von einer bürgerfeindlichen Bürokratie hunzen?

In mehr als 70 Staaten der Welt (auch im Bund) wurden Informationsfreiheitsgesetze verabschiedet, die Verwaltungshandeln transparenter gestalten. Beispielsweise enthält das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes auch Pflichten der Veröffentlichung. Was nützt es, wenn der Bund zur Veröffentlichung gezwungen ist, wenn das Land nicht mal informiert welche Vorschrift gilt? Weiter wurde hier gegen eine Bundesvorschrift verstoßen, zugunsten des Festhaltens an obrigkeitsstaatlichen Traditionen in Baden-Württembergs, die im Bund überwunden sind. Die baden-württembergische VBO enthält keine Bestimmung über ein Formblatt mit Hinweis auf welche Verordnung gilt.

span lang="-de-DE">Im europäischen Raum der Freiheit gilt das Recht auf eine gute Verwaltung: Akteneinsicht, Recht auf eine begründete Antwort innerhalb angemessener Zeit und Informationsfreiheit (EU Charter Artikel 41 siehe auch "Der Europäische Kodex für gute Verwaltungspraxis). In Norwegen sind diese Rechte gesetzlich gesichert. Zwar ist deutschen Bürokraten nicht verboten sich gemäß der „guten Verwaltung“ zu verhalten, aber die Begegnung wurde (wohl für beide) zum Trauma. Als beispielsweise die AOK fast zwei Jahre nicht antwortete bezüglich eines Pflegeantrages, habe ich sie erst beim Sozialgericht in den Stiefel reinbekommen (Klage Aktenzeichen S 8 P 2176/99) mit Hilfe des von mir erfundenen Rechtsmittels der „Entscheidungserzwingungsklagemit Akteneinsichtserzwingung. Zwar hat der Bundestagspräsident meine Petition über Informationsfreiheit nach 3 Jahren am 22.12.03 an den Bundeskanzler zur Berücksichtigung überwiesen und der Bundestag hat – wie von mir vorgeschlagen - ein Informationsfreiheitsgesetz beschlossen, trotz des 7 jährigen Widerstands durch den Aufstand der Amtsschimmel. Damit hat zwar auch im Bund – als 65. und damit einem der letzten zivilisierten Staaten – der Übergang vom obrigkeitsstaatlichen Verhältnis zur Partnerschaft zwischen Bürger und Staat geklappt. Auch habe ich 2005 Petitionen an 12 Bundesländer geschrieben. Immerhin 4 haben 2006 Informationsfreiheitsgesetze beschlossen, aber der Landtag von Baden-Württemberg lehnte meine entsprechenden Petitionen 13/598, 13/6099 und 13/598 (Patientenrechte) ab. Damit ist Baden-Württemberg einer der letzten zivilisierten Staaten ohne Informationsfreiheitsgesetz (fast alle europäischen Staaten inklusive Balkanstaaten und auch kaukasische Staaten sind weiter) das Verwaltungshandeln transparenter macht, indem Bürger Zugang zu behördlichen Dokumenten und Informationen bekommen. Die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürger werden gestärkt gemäß dem Leitprojekt des Programms Moderner Staat - moderne Verwaltung unter Berücksichtigung des Datenschutzes. Dieses Bürgerrecht wird im Informationszeitalter als Teil der Demokratie verstanden und ist in über 65 Staaten der Welt verwirklicht. In mehr als der Hälfte dieser Staaten z. B. Brandenburg (Art. 21 (4)) ist dieses Grundrecht in der Verfassung verankert.

Wann wird die Mehrheit der Landtagsabgeordneten, bisher die größten Versager der zivilisierten Welt Bürgerrechte beschließen, die in der zivilisierten Welt selbstverständlich sind? Welchen Dachschaden haben die Wähler, dass sie solche Versager mehrheitlich wählen?

Für mich stellt sich hier ein nicht zu lösender Kulturkonflikt dar. Das hat auch damit zu tun, dass die Vision des ehemaligen Bundespräsidenten Heinemann das Verhältnis vom Bürger zum Staat dergestalt umzukehren (gewissermaßen vom Kopf auf den Fuß zu stellen), dass der Staat Diener des Bürgers wird, nicht verwirklicht wurde. Albert Einstein drückte das so aus: "Der Staat ist für die Menschen und nicht die Menschen für den Staat." Zwar habe ich versucht, diesen Konflikt 1982 durch auswandern zu lösen, bin aber seit 1997 nun doch gezwungen mich mit der unverschämten deutschen Bürokratie herumzuärgern. Das versuche ich durch schreiben von Petitionen zu bewältigen, damit ich kein Magengeschwür bekomme.

Jedenfalls begrüße ich, dass die OSZE sich um die Informationsfreiheit in Europa kümmert und alle OSZE Staaten einschließlich Deutschland beobachten wird (Anlage 3) und 2006 einen Survey über die Informationsfreiheit durchführt (Anlage 3). Auch der Europarat hat im Zusammenhang mit einem Surveys über Informationsfreiheit Deutschland beobachtet (Anlage 4). Der Europarat hat außerdem die Empfehlung Rec (2002) 2 des Ministerausschusses an die Mitgliedstaaten zum Zugang zu amtlichen Dokumenten gegeben und arbeitet an einer bindenden Konvention über die Informationsfreiheit (Anlage 5), die ich durch meine Unterschrift unterstützt habe. Auch die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE), die International Helsinki Federation for Human RightsFOIAdvocates, Access Info Europe, ARTICLE 19 und die Open Society Justice Initiative beobachten Deutschland bezüglich des Menschenrechts der Informationsfreiheit.

Sowohl das Verfahrens VG 2 A 85.04: Walter Keim gegen Bundesrepublik Deutschland als auch eine Beschwerde beim Landesberufsgericht sind seit 11.11.2005 wegen unfairen Verfahrens beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (Anlage 6: Appl. No. 41126/05).

Man sieht daran, dass die deutsche Justiz keine Rechtssicherheit bietet: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. "In Deutschland kann man, statt einen Prozess zu führen, ebenso gut würfeln“ Zitat von Bundesverfassungsrichter a.D. Prof. Willi Geiger, Karlsruhe in einem Beitrag in der „Deutschen Richterzeitung“, 9/1982, S. 325. "Täglich tausendfaches Verfahrensunrecht! [...] Von einer Übertreibung kann jedoch keine Rede sein. [...] In den vier anderen Gerichtsbarkeiten verhält es sich nicht besser, teilweise eher noch schlimmer." (Dr. Egon Schneider, S.4, ZAP-Report: Justizspiegel, 1999). Man ist der Justiz ausgeliefert (Münchener Abendzeitung 2.4.02, Seite 9). "Es gibt in der deutschen Justiz zu viele machtbesessene, besserwissende und leider auch unfähige Richter, denen beizukommen offenbar ausgeschlossen ist." (Dr. Egon Schneider, ehem. Richter am OLG, in "Zeitschrift für anwaltliche Praxis" 6/1999). Der berühmte Staranwalt Rolf Bossi fasste  seine Erfahrungen im Buch "Halbgötter in Schwarz. Deutschlands Justiz am Pranger." zusammen. Das Amtsgericht Augsburg hat ihn einen Strafbefehl über 12 000 Euro wegen übler Nachrede erlassen (Aktenzeichen: 3CS201J S119478/05) erlasse. Auch am Verwaltungsgericht Berlin bin ich so einem begegnet, dessen Urteil auf den Misthaufen der Geschichte gehört und ich kann nicht sicher sein, ob der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (Appl. No. 41126/05) das in Ordnung bringt, da der sehr überlastet ist.

Bisher ist die Regierung und Demokratie in Baden-Württemberg eine Farce und Tragödie (Madison). Ich sehe dem Tag entgegen an dem die Mehrheit der Abgeordneten des Landtags - bisher die Größten Versager in der zivilisierten Welt - endlich aufwachen und die Gewähr bieten sich jederzeit für das Menschenrecht der Informationsfreiheit einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen,

Walter Keim

Anlagen:

  1. Brief 6.9.06 an das LBV
  2. span lang="-de-DE" style="font-size: 12.0pt; font-family: Times New Roman"> 20.9.06 Antwort des LBV
  3. Die OSZE beobachtet Deutschland bezüglich des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung: http://wkeim.bplaced.net/files/osce-050106.htm und http://wkeim.bplaced.net/files/Questionnaire-OSCE-Germany-ENG.html
  4. Wer ladet den Menschenrechtskommissar des Europarates ein?: http://wkeim.bplaced.net/files/coe-031128.htm
  5. 3. April 2006: Access Info Europe suggests to give a convention. (Meine Unterschrift ist ganz am Schluss)
  6. 11. November 2005: Klage Keim v. Deutschland beim EGMR: http://wkeim.bplaced.net/files/echr-061101.htm
  7. 28.11.06: Brief an Ombudsmann, Landesbeauftragter für Bürokratieabbau
  8. 04.10.06: Antrag beim Bundesministerium des Innern die LBV wegen Vorstoß gegen Vorschrift zu rügen
  9. Seite 1 und 3 des Bescheides vom 19.9.2006
     

Resultat:

Drucksache 14/983: Der Petition wird, nachdem ihr abgeholfen wurde, für erledigt erklärt.

Briefe:

Entwicklung:

 

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Anlage: Süddeutschland der Schandfleck bezüglich der Informationsfreiheit in Europa. Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün: Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. Access to Information Law = Informationsfreiheitsgesetz.

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