Frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht.
Präambel der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft


12 Jahre Kampf für Informationsfreiheit

Die Informationsfreiheit, d. h. der Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung ist die Spitze des Eisbergs des fehlendes Rechts auf eine gute Verwaltung.

Das "Recht auf eine gute Verwaltung" (Recht auf begründete Antwort innerhalb angemessener Zeit, angemessene Akteneinsicht) fehlt, z. B. bei Patientenrechten und Familienrechten. "Gleicher Augenhöhe" wurde in mehrere Dutzend Petitionen vorgeschlagen.

Bei der Informationszugangsfreiheit (inklusive Zugang zu öffentlichen Dokumenten) ist Deutschland in den letzten 10 Jahren vom Schlusslicht in (West-)Europa zum Schlusslicht in der gesamten zivilisierten Welt gesunken. Wer trägt dafür die Verantwortung?

Das Bundesinnenministerium hat im Frühjahr 2001 alle eingeladen an der Diskussion über die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes teilzunehmen. So begann mein Interesse und deshalb habe ich Vorschläge (Volksherrschaft wagen) gemacht.

Da das Innenministerium mir antwortete, dass ein Termin für die Vorlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) nicht angegeben werden kann, schlug ich dem Bundestag am 21.12.01 vor das Gesetz selber auszuarbeiten und einzubringen.

Am 22.12.04 wurde meine Petition an den Bundeskanzler zur Berücksichtigung übersandt und der Bundestag brachte seinen eigenen IFG Gesetzentwurf ein und verabschiedete ihn. Leider wurden internationale Standards maximaler Offenheit, schnellen Zugangs und geringer Kosten nicht erfüllt, sodass es nur für einen der letzten Plätze in Europa reichte.

Auch in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Berlin, Hamburg, Rheinland-Pfalz und Thüringen mussten Landtage eigene Entwürfe vorlegen, da die Verwaltung die Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs verweigerte.

Im Jahr 2012 war Deutschland bezüglich internationaler Standards und der Qualität des IFG im Bund auf einen der letzten Plätze in der gesamten entwickelten Welt gesunken. Deshalb wurde bei der Open Government Online Konsultation der Vorschlag gemacht Deutschland sollte dem Open Government Partnership beitreten und "Zugang zu amtlichen Informationen verbessern". Dies wurde abgelehnt. da es außerhalb des Mandats sei. Hilft Kanzlerrichtlinie? Unterstützt der Staatsminister im Bundeskanzleramt und der Bundesinnenminister das?

Aus internationaler Perspektive ist das Verbesserungspotential groß:

  1. 88 Staaten mit ca. 5,5 Milliarden [Quelle A, B] d. h. 78 % der Bürger auf der Welt haben ein besseres Informationsfreiheitsgesetz als deutsche Bürger im Bund (http://www.rti-rating.org/country-data/). Dabei werden internationale Standards zugrunde gelegt. Nur Liechtenstein, Österreich, Griechenland und Tadschikistan haben schlechtere Informationsfreiheitsgesetze.
  2. Mehr als 125 Staaten (https://www.rti-rating.org/country-data/) mit mehr als 5,9 Milliarden Einwohnern, d. h. 84% der Weltbevölkerung haben entweder Informationsfreiheitsgesetze oder entsprechende Verfassungsbestimmungen. In 5 Bundesländern d. h. der Hälfte der Bevölkerung in Deutschland fehlen generelle (über Verbraucherinformation und Umweltinformation hinausgehende) Informationsfreiheitsgesetze.
  3. Die UN Konvention gegen Korruption ist zwar in mehr als 165 Staaten (Stand 24.12.2012) mit mehr als 6,5 Milliarden Einwohnern ratifiziert, nicht aber von Deutschland.
  4. Der Bundestag verweigerte sich dem Vorschlag der Staatengruppe gegen Korruption GRECO des Europarates das Strafrechtsübereinkommen über Korruption SEV-Nr. : 173 und Zusatzprotokoll zu ratifizieren und die Transparenz der Parteienfinanzierung in Deutschland mit Hinweis auf Recommendation Rec(2003)4 zu verbessern. In ihrer Antwort weist die Schwarz-Gelbe Bundesregierung die europäischen Forderungen nach mehr Transparenz zurück [Quelle C]. Wegen ungenügendem Fortschritt leitete GRECO im Herbst 2012 die zweite Stufe des „Non-Compliance-Verfahrens“ gegen Deutschland ein.
  5. Deutschland ist das einzige Land in Europa, das weder die UN Konvention noch das Strafrechtsübereinkommen gegen Korruption ratifiziert hat [Quelle D].
  6. GovData.de, das Datenportal für Deutschland ist nicht wirklich offen.

Die OSZE hat im April 2012 in ihren Kommentaren zum Entwurf eines Transparenz- und Informationszugangsgesetzes in Spanien den Menschenrechtscharakter des Informationszugangs dokumentiert, mit Hinweis auf OSZE, Zivilpakt und EGMR. (siehe Quelle E: "International documents (...) state that access to information is a fundamental human right and an essential condition for all democratic societies."). Deshalb versuche ich die gerichtliche Durchsetzung des Menschenrechtes auf Zugang zu amtlichen Dokumenten in Bayern [Quelle F]. Das benötigt Pressedeckung. Nichtregierungsorganisationen wurden darauf aufmerksam gemacht und um Unterstützung gebeten (1).

EU (Parlament, Kommission, Agency for Fundamental Rights) Europarat (Parlament, Commissioner for Human Rights, GRECO), OSZE, UN (HRC, OHCHR, UPR) halfen bisher nicht.

Ich habe die Verantwortlichen (Regierung, Verwaltung, Parlamente, Gerichte) (1) mit diesen Fakten konfrontiert und gefragt, wann das besser wird:

  1. Bundesregierung (Zukunftsdialog, Direkt zur Kanzlerin und Open Government Online Konsultation, Auswärtiges Amt) (2)
  2. Fraktionsvorsitzende Bund und Länder mit Abgeordnetenwatch (3), speziell die CDU (4) und CSU.
  3. Parlamente Bund und Länder mit Petitionen (5)
  4. Experten die IFG Gesetze evaluieren (6)
  5. Die Presse, der größte Versager, der es versäumt darüber angemessen zu informieren (7)
  6. Akteneinsichtsanträge bei Verwaltungen (8) u. a. Stuttgart 21
  7. Gerichte (Verwaltungsgerichte, Verfassungsgericht) (9) mit Verfahren Keim gegen Deutschland (und am VG München Keim gegen Bayern) in denen das Menschenrecht des Informationszugangs gefordert wird.

Regierungsfraktionen mit der CDU/CSU an der Spitze im Bund und 4 Bundesländern ohne Informationsfreiheitsgesetze antworteten entweder nicht oder hielten Informationsfreiheitsgesetze und die Ratifizierung der Konventionen gegen Korruption nicht für notwendig. Petitionen im Bund und 5 Bundesländern ohne IFG schufen keine Abhilfe. Im Bund unterstützen nur die Oppositionsparteien Verbesserungen und natürlich die Piratenpartei.

Die CDU/CSU könnte dieses Verbesserungspotential nicht ignorieren, wenn die Presse die Wähler informieren würde. In Skandinavien würde die Presse dafür sorgen, dass so eine Partei nicht mehr gewählt wird. Diese Aufgabe versäumt die deutsche Presse.

Akteneinsicht ist durch lange Wartezeit, hohe Kosten und viele Ausnahmen begrenzt. Bei Stuttgart 21 blieben mehr als 20 Anträge auf Informationszugang als Akt zivilgesellschaftlicher Notwehr um ein bisschen Demokratie bei Stuttgart21 zu verwirklichen überwiegend erfolglos. Aber nicht nur Bürgern wird der Informationszugang verwehrt: Die Grünen kündigen an die Herausgabe der Angaben über Wirtschaftlichkeit notfalls über eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zu erzwingen „Es ist eine Unverschämtheit, dass Parlamentarier über Steuergelder in Milliardenhöhe entscheiden, ohne entsprechende Daten zu haben“.

International wird der Zugang zu amtlichen Dokumenten als Menschenrecht gemäß Internationalem Pakte über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) und der neuesten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und Voraussetzung für Demokratie angesehen. Trotzdem ignorieren deutsche Gerichte den Menschenrechtscharakter des Informationszugangs.

Im Internet vollzieht sich ein Wandel vom passiven Konsumenten zum aktiv Beitragenden. "(W)ir (sind) an der Schwelle zu einem neuerlichen Entwicklungssprung in der Verwaltung – getrieben durch Veränderungen, die für die Bürger und Unternehmen längst normal sind. Diese Veränderungsbewegung nennt man Offene Verwaltung oder Open Government" (10). Allerdings werden Vorschläge internationalen Entwicklungen (11) bei Informationsfreiheitsgesetzen und Open Government Partnership (9) von der Bundesregierung bisher abgelehnt. Kann Beitritt durch Kanzlerrichtlinie (BMI, 14.3.2012, O1-131 006-4/1) geschehen?

88 % der Wähler sind in Umfragen für Open Data und Open Government. Bei der Korruptionsbekämpfung wird "dringenden Handlungsbedarf" gesehen. 80 % der Wähler misstrauen Politikern.

Aus internationaler Perspektive sind die CDU/CSU und die Presse die Hauptverantwortlichen. Die CDU/CSU vertritt nicht die Interessen ihrer Wähler sondern ist das trojanischen Pferd der Bürokratie unter den Volksvertretern im Parlament. Die Presse vernachlässigt ihre Aufgabe ihre Leser über die Arbeit der Verwaltung und das Menschenrecht des Informationszugangs zu informieren und dadurch die Wahl der CDU/CSU verhindern und bessere Volksvertreter zu fördern.

In der Öffentlichkeit herrscht ein ohrenbetäubendes Schweigen über den Menschenrechtscharakter und die internationalen Ausbreitung des Informationszugangs.

Drauf aufbauend werden Informationen darüber als "Ruhestörung" aufgefasst und zensiert. Typisches Beispiel ist der "Zukunftsdialog" der Kanzlerin, der die Frage nicht zulässt und "Direkt zur Kanzlerin", der beschönigt. "Direkt zur Kanzlerin" ist zwar nicht von Verwaltung zensiert und lässt die Frage zu. Das "Presse- und Informationsamt der Bundesregierung" antwortet "In Deutschland schafft das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) – auch im internationalen Vergleich – seit 2006 weitgehende Transparenz über die Arbeit von Ämtern und Behörden." Aber es gibt keine Journalisten, die die Antwort als Märchenstunde entlarven. Es wird auch auf den Zukunftsdialog hingewiesen. Der Vorschlag an den Zukunftsdialog internationale Standards bei der Verwaltungstransparenz zu berücksichtigen wird so beantwortet: "(Der) Beitrag verstößt gegen die Regeln des Bürgerdialogs und kann leider nicht veröffentlicht werden". Auch NGOs missbrauchen ihren Moderations-Codex zur Zensur: Abgeordnetenwatch schreibt zum Vorschlag ein IFG in Baden-Württemberg zu verabschieden: "Wir müssen Ihnen allerdings mitteilen, dass wir Ihre Nachricht in der uns vorliegenden Version nicht freischalten, da sie gegen den Moderations-Codex verstößt. Sie fällt in die Kategorie: - Beiträge, die keine Frageabsicht oder Aufforderung zur Stellungnahme erkennen lassen und hauptsächlich dem Zweck der Meinungsäußerung oder Kommentierung dienen." Die Bundestagsverwaltung löschte einen Beitrag über kostenlose Akteneinsicht innerhalb von 3 Tagen in Norwegen. bei Diskussion zur ePetition 42283 "Gebühren für den Zugang zu amtlichen Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz vom 03.05.2013"
Sogar fragdenstaat@lists.okfn.org fordert beim Beitrag: "Zweite Open Govenrment Data D-A-CH-LI Konferenz: IFG notwendige Voraussetzung" zur Selbstzensur auf, da solche Informationen "die Informationsdichte nicht unbedingt erhöhen".
Beispiele von Zensur über Menschenrechtsverletzungen in Diskussionsforen sind auch z. B. beim ZDF, politik-digital.de und politikforum.de dokumentiert.
Vor dem Hintergrund einer uninformierten und ignoranten Öffentlichkeit bleiben bei vielen, sogar bei Befürwortern der Informationsfreiheit sowohl logische Argumentation, Vernunft als auch Meinungsfreiheit auf der Strecke.

Werden bessere Einsichtsrechte international als Herabsetzung Deutschlands wahrgenommen anstatt daraus Forderungen nach Verbesserungen zu stützen?

Warum waren 12 Jahre Kampf für Informationsfreiheit ein Fiasko: Deutschland wird vom Schlusslicht in Europa zum Schlusslicht in der zivilisierten Welt "befördert"?
Dieses Fiasko steht im scharfem Kontrast zur internationalen Entwicklung: FOIANET weist 2013 darauf hin, dass innerhalb der letzten 10 Jahre sich die Zahl der Länder mit Informationszugangsgesetz von 42 auf 93 verdoppelt hat und der Informationszugang von Europarat, OAS und UN als Menschenrecht anerkannt wurde.

Da die Presse versagt, ist es notwendig das selber selber in die Hand zu nehmen und selber zu publizieren.

Die Neue Rheinische Zeitung wurde ihrem Anspruch gerecht "Meldungen, die Sie in den übl(ich)en Medien eher nicht finden" zu verbreiten und veröffentlichte meine eigenen Beiträge:
Der Freitag veröffentlichte folgenden Beitrag:

Quellen:
  1. Access to Information Laws: http://right2info.org/access-to-information-laws
  2. FOI Laws: Counts Vary Depending on Definitions: http://www.freedominfo.org/2011/10/foi-laws-counts-vary-slightly-depending-on-definitions/
  3. Schwarz-Gelbe Bundesregierung die europäischen Forderungen nach mehr Transparenz zurück: http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2012/07/schwarz-gelb-weist-europaische-forderungen-nach-mehr-transparenz-zuruck/ 
  4. GRECO (Staatengruppe gegen Korruption): http://www.lobbypedia.de/index.php/GRECO
  5. OSZE, April 2012: COMMENTS ON THE DRAFT LAW ON TRANSPARENCY, ACCESS TO INFORMATION AND GOOD GOVERNANCE OF SPAIN: http://www.osce.org/fom/89577
  6. Durchsetzung des Menschenrechtes auf Zugang zu amtlichen Dokumenten in Bayern: http://wkeim.bplaced.net/files/durchsetzung_informationszugang.html

Referenzen:

  1. Keim, Walter (05.01.2013): Anhörung: Bericht der Bundesregierung zur Menschenrechtslage in Deutschland an den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen: http://wkeim.bplaced.net/files/130105aa.html
  2. Wer wird Transparenz unterstützen?: http://wkeim.bplaced.net/if-ngo.htm
  3. Fragen mit Hilfe von Abgeordnetenwatch: http://wkeim.bplaced.net/files/120215fragen.html
  4. CDU ist das trojanisches Pferd der Bürokratie im Parlament: http://wkeim.bplaced.net/files/120709bt.html
  5. Petitionen: http://wkeim.bplaced.net/petitionen-if.htm
  6. Wie wissenschaftlich ist die Rechtswissenschaft: http://wkeim.bplaced.net/files/120617foev.htm
  7. Presse versäumt ihre Aufgaben: http://wkeim.bplaced.net/files/120727pr.html
  8. Anträge auf Akteneinsicht: http://wkeim.bplaced.net/files/fg-material.htm#akteneinsicht
  9. Rechtssachen: http://wkeim.bplaced.net/files/fg-material.htm#rechtsprechung
  10. https://fragdenstaat.de/anfrage/dokument-das-nichtteilnahme-an-opg-begrundet
  11. Anke Domscheit-Berg (12.10.2010): Einmaleins des Government 2.0 - http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/einmaleins-des-government-2-0
  12. Anke Domscheit-Berg im Österreichischen Parlament (12.10.2011): Internet und Demokratie – http://www.gov20.de/internet-demokratie-rede-domscheit-berg/
  13. Die Rolle internationaler Gesetzgeber und ihr Einfluss auf die nationale Gesetzgebung über Informationszugang: http://wkeim.bplaced.net/files/informationszugang-ostsee.html
  14. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (25.6.2013): CASE OF YOUTH INITIATIVE FOR HUMAN RIGHTS v. SERBIA (Application no. 48135/06) nimmt Bezug auf den Zivilpakt und gemeinsame Erklärung der UN, OSZE und AOS Sonderbeauftragten für den Schutz der Meinungsfreiheit vom 6.12.2004

Entwicklung:


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Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. FOIA= Freedom of Information Act (Informationsfreiheitsgesetz)

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UN Konvention gegen Korruption

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